© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/12 10. Februar 2012

Totalitarismus in Mittelosteuropa: Diskussion um Timothy Snyders „Bloodlands“
Kritik an „unerträglicher Gleichsetzung“
(ob)

Timothy Snyders Buch „Bloodlands“ (JF 51/11) gehört zu jenem Typus geschichtsklitternder Werke, die sich nicht erst seit Daniel J. Goldhagen bemühen, das „totalitäre Zeitalter“ zwischen 1914 und 1945 in Schablonen der Hollywood-Dramaturgie zu pressen. Werbung, Feuilleton und Fachpublizistik leisten regelmäßig das Ihre, um den Publikumserfolg solcher Schwarzweißmalereien zu garantieren. So stieß auch Snyders „Synthese“ der „Vernichtungspolitiken“ Stalins und Hitlers im Raum zwischen Ostsee und Schwarzem Meer auf überwiegend positive Resonanz. Was der Münchner Zeithistoriker Jürgen Zarusky so bedenklich findet, daß er Snyders wissenschaftlich belangloses „Konstrukt“ in einem ausufernden Rezensionsessay entgegentritt (Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 1-2012). Außer Dutzenden von Fehleinschätzungen des deutsch-sowjetischen Krieges, die von Snyders nur oberflächlicher Vertrautheit mit seinem Studienobjekt zeugen, empört Zarusky vor allem die „zu weit gehende Gleichsetzung von Nationalsozialismus und Stalinismus“. Gelinge ihm diese „Zusammenschau der Massenmorde beider Diktaturen“ doch allein deshalb, weil er eine „Ethnisierung“ von Stalins Verbrechen betreibe und dem Bolschewismus damit völkermörderische Intentionen unterstelle, die Zarusky exklusiv für den Nationalsozialismus reklamiert.

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