© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/12 10. Februar 2012

Schmutzige Wäsche
Medien: Bei der linksradikalen „Jungen Welt“ ist ein Streit um Beschäftigungsverhältnisse und Dumpinglöhne entbrannt
Ronald Berthold

Nach ihrer Titelschlagzeile zum 50. Jahrestag des Mauerbaus im vergangenen August kassierte die linksradikale Junge Welt (jW) gehörig Prügel (JF 34/11). Selbst die Linkspartei ging auf Distanz zur Dankesorgie an die Grenztruppen. Das ehemalige FDJ-Blatt hatte sich endgültig als stalinistische Sektiererpostille geoutet.

Man könnte daher glauben, daß Beschimpfungen von außen ein gutes Ventil für den Druck von innen sind. Doch weit gefehlt. Nun prügeln sich die jW-Leute untereinander. Dabei geht es – man mag es im ach so solidarischen linken Lager gar nicht glauben – ums liebe Geld. Von „Dumpinglöhnen“ ist die Rede, von Verhältnissen wie bei Schlecker oder Lidl, sogar von rechtswidriger Scheinselbständigkeit.

Nichts ist mehr wie es war, seit der Redakteur Rainer Balcerowiak die Brocken hinwarf. Er wollte, daß die Zeitung endlich Sozialabgaben für ihn abführte. Als alle Appelle an die Geschäftsführung nichts nutzten und er nach elfeinhalb Jahren mit einem Angebot von 1.890 Euro brutto abgespeist wurde, platzte Balcerowiak der Kragen. Er ging zum Arbeitsgericht und reichte Klage wegen Scheinselbständigkeit ein.

Die humorlose Reaktion von Geschäftsführer Dietmar Koschmieder folgte auf dem Fuße: Er erteilte dem aufmüpfigen Redakteur Hausverbot, innerhalb von fünf Minuten sollte Balcerowiak seinen Schreibtisch räumen – zum 31. Januar erhielt er die Kündigung.

Während aus der Redaktion kaum ein kritisches Wort über diese Zustände nach außen dringt, haut nun das politische Umfeld auf die Junge Welt ein. Auf linken Internetseiten bekommt Koschmieder ordentlich sein Fett weg. Dabei zielen die Vorwürfe auch unter die Gürtellinie. Um seine Freundin als Marketingchefin einstellen zu können, sei genug Geld da, ebenso wie für angebliche Ostsee-Segeltörns – jedoch nicht für die eigene Mannschaft.

Am 20. Februar wird die schmutzige Wäsche vor dem Arbeitsgericht gewaschen. Dann können Linke dem Richter erklären, was für sie ein Dumpinglohn ist.

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