© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/12 03. Februar 2012

Brüssel kritisiert Betreuungsgeld
Was geht euch das an?
Christian Vollradt

Wer erinnert sich noch an die europäische Verordnung 1677/88? Wem sagt die Richtlinie 77/536/EWG noch etwas? Nun, mit der erstgenannten schrieb die Euro-Bürokratie unter anderem fest, daß eine Gurke der Handelsklasse „Extra“ auf zehn Zentimeter Länge maximal zehn Millimeter gebogen sein durfte. Nach zwanzig Jahren Gültigkeit zwischen Hammerfest und Huelva schickte man diese Verordnung 2009 in den verdienten Ruhestand. Auch die an zweiter Stelle erwähnte Richtline über „Umsturzschutzvorschriften für land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen auf Rädern“ – vulgo den Überrollbügel an Traktoren – ist mit zehn Jahren Verspätung schließlich der technischen Entwicklung gefolgt.

Seit je dienen beide Beispiele als Synonym für die völlig übertriebene Vereinheitlichungs- und Regelungswut der Brüsseler Kommissare. Aber steckte angesichts des freien Binnenhandels mit Gurken und Traktoren noch ein Fünkchen Vernunft in solchen Eingriffen, entbehrt die jüngste Einmischung in nationale Belange jeglicher Grundlage: Das Ehegatten-Splitting im deutschen Steuerrecht sowie das geplante Betreuungsgeld gefährden die Erwerbsbeteiligung von Frauen, rüffelt die EU-Kommission. Na, und wenn schon! Was um alles in der Welt geht das denn Brüssel etwas an? Über die angebliche „Herdprämie“ oder „Hausfrauenehe“ hat nur der deutsche Wähler zu entscheiden!

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