© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/12 27. Januar 2012

Ameisenalarm
Christliche Comicfi gur: Ein Winzling namens Smilinguido aus dem südamerikanischen Regenwald geht in deutschen Kinderzimmern auf Mission
Georg Alois Oblinger

Durch die Ameisenstraße im südamerikanischen Regenwald geht ein Raunen. Die kleine Ameise Piria tanzt aus der Reihe, sie trägt ihre Last nicht einzeln auf dem Rücken, sondern transportiert gleich mehrere Körnchen auf einer Karre. Soviel Nonkonformismus stößt auf im Ameisenstaat: Eine andere Ameise namens Amilo beschwert sich beim Minister für Produktion, es gibt Streit bis hoch zur Königin, am Ende wird die Innovation eingeführt. Und wie jeder Fortschritt hat sie einen Preis: Prompt gibt es Stau auf der Ameisenstraße.

Die brasilianische Comicfigur Smilinguido ist nun auch in Deutschland angekommen. Als „Winzling“ übersetzt, stapft die kleine Regenwaldameise bereits seit mehr als dreißig Jahren durch den Urwald Brasiliens. Und das mit didaktischem Auftrag, denn Smilinguido ist eine christliche Comicfigur, die kindgemäß und dennoch deutlich die biblische Botschaft vermitteln soll.

Erfunden wurde sie 1980 im Hinterhof einer christlichen Gemeinde von Curitiba. Marciá d’Haese zeichnete und Carlos T. Grzybowski betextete die Abenteuer der Ameise, die in Brasilien bald ein Verkaufsschlager war. In Spitzenzeiten wurden jährlich mehr als 500.000 T-Shirts, 85.000 DVDs, 400.000 Terminplaner und eine Million Schulhefte mit der beliebten Zeichentrickfigur verkauft. Zielgruppe von Smilinguido sind bis heute in erster Linie Grundschüler, aber auch bereits Kinder im Kindergartenalter.

Kein Wunder also, daß sich die Stiftung Marburger Medien 2010 die europäischen Exklusivrechte beim brasilianischen Verlag Luz e Vida sicherte und den Erfolg nach Deutschland tragen möchte. „Kinder sollen entdecken, daß Gott sie liebhat und daß sie etwas in dieser Welt bewegen können“, sagt Michael Stöckmann, Marketingleiter der nicht gewinnorientiert arbeitenden Stiftung.

Projektmanagerin Grit Schedlinski ergänzt: „Die winzigen Insekten machen den Kindern deutlich: Du bist zwar klein, aber wichtig und richtig! So vermitteln sie ein positives Selbstwertgefühl.“ Die 36 Seiten umfassende Startausgabe unter dem Titel „Die Trockenheit“ erschien im Herbst 2011 mit einer Auflage von 70.000 Exemplaren.

Die zweite („Wenn zwei sich streiten“) und dritte Folge („Der Streik der Arbeiter“) kreisen rund um das Arbeitsethos der fleißigen Insekten. Eine vierte („Der Zuckerdosen-Schatz“) steht bereits in den Startlöchern. Beteiligt sind die Verlagsgruppe „Stiftung christliche Medien“, der Fernseh- und Radiosender ERF Medien, Bibel TV und das Kinderhilfswerk Compassion Deutschland. Smilinguido stößt in Deutschland damit in eine Lücke, die seit den 1950er Jahren neben Walt Disneys Entenwelt und den anderen US-amerikanischen Actionfiguren wie Superman oder Spiderman bestand. Alternative Bleistiftgeschöpfe wie die Tigerente (1978) mit ihrem Schöpfer Janosch, der dem Beirat der religionskritischen Giordano-Bruno-Gesellschaft angehört, oder die kitschige Diddl-Maus von Thomas Goletz (1990) stehen eher für eine materialistische Lebenseinstellung.

www.smilinguido.de

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