© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/12 27. Januar 2012

Ein Faß ohne Boden
Zehn Jahre Euro-Bargeld: Die dritte Zwei-Euro-Gesamtausgabe strotzt nur so von politisch korrekter Ikonisierung
Toni Roidl

Zehn Jahre Euro – als Verbraucher und Sparer weiß man wirklich nicht, was es da zu feiern gibt. Doch die Politiker und Funktionäre in Berlin und Brüssel wollen sich die Party nicht vermiesen lassen. Und: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“, das glaubt nicht nur die Kanzlerin. Um die Lügengeschichte der ungeliebten Währung als bare Münze zu verkaufen, wurde zum Jubelfest ein neues Zwei-Euro-Stück geprägt. Dieses ist bereits die dritte Zwei-Euro-Gesamtausgabe, die motivgleich in allen 17 Mitgliedsstaaten ausgegeben wird. Das neue Motiv wurde bereits im letzten Sommer per Internet-Abstimmung ermittelt. Fast einen ganzen Monat lang konnten alle EU-Bürger für ihren Favoriten aus fünf Entwürfen stimmen, die zuvor von einer Fachjury ausgewählt worden waren. In der 327 Millionen Einwohner zählenden Euro-Zone gaben nur 35.000 Bürger ihre Stimme ab. Das Desinteresse spricht für sich. Gewonnen hat der Entwurf des Österreichers Helmut Andexlinger. Der 38jährige Grafiker aus Linz hat einige internationale Wettbewerbe als Münzgestalter gewonnen. Doch das Zwei-Euro-Stück zum Zehnjährigen sei „mit Abstand das berufliche Highlight“, jubelte der jüngste Designer der Münze Österreich.

Ein Höhepunkt ist die Zwei-Euro-Münze wirklich, allerdings in ganz anderem Sinne, nämlich einer an dummdreister Wahrnehmungsverzerrung und politisch korrekter Ikonisierung. Die Münze zeige „die Lebensbereiche, die für die Währung wichtig sind“. Der Satz ist ebenso schief wie die Symbolik.

Da ist eine Gruppe aus kleinen und großen Menschen zu sehen, die ihre Arme in die Luft werfen. Sind das die Wutbürger aus Athen? Nein, es soll „die Familie“ sein. Hat der Designer die aktuelle Familienpolitik und Demographie überhaupt wahrgenommen? Aber vielleicht ist es ja eine Einwandererfamilie, die am Mittelmeerstrand Einlaß begehrt. Dann kommt ein Schiff. Steht das für den humanitären Umgang der EU mit Piraten? Nein, es steht für den Handel. Für die chinesische Flagge am Mast war wegen des winzigen Maßstabes wohl kein Platz mehr. Das stilisierte Gebäude der Europäischen Zentralbank daneben „symbolisiert die Finanzwelt“. Ein Gebäude war wohl leichter zu zeichnen als ein Faß ohne Boden.

Dann kommen zwei Windräder. Diese versinnbildlichen angeblich „den Fortschritt, den der Euro ermöglicht“. Daneben hat Andexlinger noch ein Fabrikgebäude mit rauchendem Schlot gezeichnet, das „die Industrie“ symbolisiert. Welche Industrie? Die in China und Indien? Eine durchgestrichene Fabrik hätten die meisten Europäer verstanden. Der Linzer hat eindeutig die falschen Motive gewählt. Das künftige Leben in der Euro-Zone läßt sich durch ein anderes Bild viel präziser auf den Punkt bringen: Etwa ein Dutzend aufgehaltene Hände, die bei Deutschland und den anderen Nettozahlern um Milliarden aus den Euro-Rettungsfonds betteln.

Informationsseite zur Zwei-Euro-Münze: www.eurocoin-competition.eu

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