© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/12 20. Januar 2012

Umwelt
Fleischlose Tücken
Volker Kempf

Auf einen gelernten Metzger folgt ein Vorzeigevegetarier. Gemeint ist die Nachfolge Stefan Raabs als Jurypräsident beim deutschen Vorentscheid für den „Eurovision Song Contest“. Dieser Nachfolger nennt sich Thomas D – mit bürgerlichem Namen Thomas Dürr. Der gelernte Friseur ist einer der Deutsch-Rapper von den Fantastischen Vier. Was sagt die Ernährungsweise nun über den Liederwettbewerb der Eurovision aus? Nichts. Daß die Frage nach fleischloser Ernährung eine Nachricht wert ist, sagt aber einiges. Ein Bekenntnis zum Vegetarismus in einer Zeitung kann lange Leser-Debatten auslösen. Denn mit Essen kennt sich jeder aus, da hat jeder seine Meinung. Aktuellen Daten zufolge steigt die Zahl der Vegetarier an. Dabei reichen die Motive von Fragen der Tierhaltung und Akkordschlachtungen über religiöse, geschmackliche und gesundheitliche Aspekte. Nicht zu vergessen sind die vielen Fleisch­skandale, die so manche Verbraucher nachdenklich stimmen.

Auch der Klimaschutz muß gelegentlich als Grund für fleischlose Ernährung herhalten. „Darf’s ein bißchen weniger sein?“ heißt dann auch vor diesem Hintergrund eine Rubrik im Taschenkalender 2012 des Umweltbundesamtes (UBA). Der Energieaufwand für die Fleisch- und Milchproduktion sei, sofern nicht durch Weidehaltung gewonnen, beachtlich. Das UBA will aber niemanden umerziehen. Es empfiehlt lediglich, einen „Veggiday“ pro Woche einzuführen. Das führe dann auch dazu, bewußter zu genießen, Fleisch also nicht als selbstverständliche, alltägliche Nahrung zu verschlingen. Früher war ein Tischgebet noch üblich, auch dieses dient dazu, innezuhalten und bewußter zu essen. Das ist nie verkehrt. Verkehrt wäre es nur, auf Fleisch zu verzichten, um es durch Süßspeisen zu ersetzen. „Puddingvegetarier“ werden diese Zeitgenossen genannt und ernähren sich nicht gesünder als die, die viel Fleisch essen. Das Leben in der Überflußgesellschaft hat so seine Tücken.

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