© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/12 13. Januar 2012

CSU-Chef Seehofer stellt Renteneintrittsalter 67 in Frage
Unausgegoren
Jens Jessen

Denn eins ist sicher: Die Rente.“ Das plakatierte 1986 der damalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU). Und in der Tat hat die 1889 von Bismarck eingeführte gesetzliche Rentenversicherung (GRV) zwei Weltkriege, Regimewechsel, Hyperinflationen, Währungsreformen und Finanzkrisen überstanden.

Doch ob die umlagefinanzierte Rente für jeden ausreicht, ist damit nicht gesagt. Denn den zerstörerischen Folgen der demographischen Entwicklung (steigende Lebenserwartung bei sinkender Geburtenrate) muß gegengesteuert werden. Daher hatte die große Koalition 2007 beschlossen, das Renteneintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre zu erhöhen. Dies soll die GRV-Beiträge für die Jüngeren bezahlbar halten. Die 1947 Geborenen können künftig mit 65 Jahren und einem Monat in Rente gehen. Die 1964 und später Geborenen müssen bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres warten. Daß Opposition und Sozialverbände querschossen, war zu erwarten. Daß sich Horst Seehofer der Kritik anschloß, verärgerte die Regierungskoalition. Die Beschäftigungsmöglichkeiten für Ältere müßten spürbar verbessert werden, sonst drohe eine „faktische Rentenkürzung“. Dies sei mit ihm nicht zu machen. Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist für den CSU-Chef eine Rentenkürzung.

Dabei ist der Bayer zu kurz gesprungen. Zum einen ist die Beschäftigungsquote der Älteren in den vergangenen drei Jahren erheblich gestiegen. Damit sich dieser Trend fortsetze, müsse sich in den Köpfen der Personalchefs aber einiges ändern, gibt CDU-Rentenexperte Peter Weiß zu bedenken. Seehofer hat auch übersehen, daß die Deutschen immer länger Rente erhalten: bei Männern sind es 15 Jahre (1960 zehn Jahre) und bei den Frauen 20 Jahre (1960 elf Jahre). Diese Rentenausgabenerhöhung muß bei den „Kürzungen“ berücksichtigt werden. Zudem können Versicherte, die 45 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt haben, weiterhin ohne Abschläge mit 65 in Rente gehen.