© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/12 06. Januar 2012

Spannungen am Persischen Golf
Explosives Machtspiel
von Günther Deschner

Eine Sperrung der strategisch wichtigen Straße von Hormus, wie sie Irans Vizepräsident als Antwort auf verschärfte Sanktionen der Amerikaner im Atomstreit angedroht hat, würde die Ölversorgung des Westens empfindlich treffen – und käme einer Kriegserklärung gleich. Doch die aktuelle Entwicklung ist nicht statisch und gleicht einem Schachspiel zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten. Mit der Androhung der Sanktionen haben die Amerikaner einen Zug getätigt. Den nächsten Zug machte der Iran – ein Machtspiel (mit Propagandadonner!) um das Hausrecht am Persischen Golf.

Gewiß könnte es für die Vereinigten Staaten und Israel auch verführerisch sein, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und den seit langem erwogenen großen Schlag gegen die Atomanlagen und in einem Aufwasch – mit dem Ziel eines Regimewechsels – gegen die Infrastruktur des Irans zu führen. Doch im Endeffekt dürften beide Parteien den Krieg vermeiden wollen. Ein begrenzter kleiner Krieg ist in dieser Region mit ihrer explosiven ethnischen, religiösen und politischen Gemengelage nicht vorstellbar. Wer auch immer den ersten Schuß abgäbe – ein regionaler Flächenbrand vom Golf bis zum Mittelmeer wäre unvermeidlich. Die Amerikaner können sich nach den Debakeln im Irak und in Afghanistan schwerlich einen weiteren Krieg dieser Art leisten. Warten wir also auf den nächsten Zug.

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