© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/11-01/12 / 23./30. Dezember 2011

Blick in die Medien
Warteschleife: Geißel der Gesellschaft
Toni Roidl

Alle hassen sie: automatische Telefonwarteschleifen – eine Geißel der Telekommunikationsgesellschaft. Nun hat sich der Gesetzgeber erbarmt, damit die entnervten Bürger für Gedudel und blödsinnige Ansagen wenigstens nicht mehr bezahlen müssen: Ab dem 1. Januar 2012 dürfen Anbieter von „Hotlines“ keine Entgelte für die Zeit mehr verlangen, die Kunden bei Anruf in der Warteschleife hängen. Das gilt auch für weiterleitende Warteschleifen. Zudem muß dem Anrufer die voraussichtliche Wartezeit mitgeteilt werden.

Für die Umsetzung des Bundestagsbeschlusses hat die Telefonzentralenbranche zwölf Monate Zeit. Doch die murrt schon jetzt – und die Verbraucher ebenfalls. Die Dienstanbieter weisen darauf hin, daß die Politik vergessen habe, ihnen auch die nötigen Instrumente zur Umsetzung (z.B. Preissetzungshoheit) mitzugeben.

Der Deutsche Verband für Telekommunikation und Medien (DVTM) zweifelt generell an der Gesetzesnovelle. Es sei zwar eine gewisse Erleichterung, für das Hören von Warteschleifenmusik nicht mehr zahlen zu müssen, aber die eigentlichen Übel blieben unberührt: ärgerliche Anrufverzögerungen und die oft fragwürdige Qualität der Auskünfte. Eine Brancheninitiative fordert: „Hier müssen sich Prozesse im Hintergrund ändern. Die Kosten sind nur ein Teil der Ärgernisse. Die Novelle bedeutet nicht, daß Kunden weniger in der Warteschleife hängen. Genauso kritikwürdig ist die Zeit, die man verplempert.“ Solche und andere Änderungswünsche blieben jedoch unberücksichtigt. Das Beste: Behörden-Hotlines sind von der gesetzlichen Regelung ausgenommen – der Staat darf weiter fürs Warten abkassieren!

Vermutlich haben die Parlamentarier bei der Beratung einfach eine „Hotline“ angerufen: „Wenn Sie Tohuwabohu wünschen, drücken Sie bitte die Eins.“

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen