© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/11-01/12 / 23./30. Dezember 2011

Lockerungsübungen
Der Preis der Freiheit
Karl Heinzen

Die USA sind unter Obama zu einer Politik des Friedens und des Multilateralismus zurückgekehrt. Diese Kursänderung läßt sich daran ablesen, daß sie den unerfreulichen Krieg im Irak zum Jahresende offiziell für beendet erklärt haben. Obama hat sich damit auch symbolisch einen Vorsprung gegenüber seinem bellizistischen Amtsvorgänger erarbeitet. Während George W. Bush das Kriegsende nur ein einziges Mal, nämlich anläßlich des Abschlusses der Kampfhandlungen gegen das Regime Saddam Husseins am 14. April 2003 ausrief, kommt Obama in seiner noch nicht einmal halb so langen Regierungszeit bereits auf zwei derartige Verkündigungen – am 18. August 2009, als es Abschied von der Operation Iraqi Freedom zu nehmen galt, und eben nun, den Abzug der letzten US-Kampftruppen vor Augen.

Die Bilanz des Krieges liest sich positiv, auch wenn die Gründe, die die Amerikaner einst für seine Entfesselung anführten, an den Haaren herbeigezogen waren und das, was dabei herausgekommen ist, ganz anders aussieht, als sie es sich ursprünglich ausgemalt hatten. Wer auf militärische Mittel zur Durchsetzung seiner politischen Ziele zurückgreift, nimmt nämlich in Kauf, daß er damit ein Terrain betritt, auf dem nichts mehr planbar ist. Es spricht für die Stärke der Amerikaner, daß sie darum wissen und dennoch nicht zögerlich mit Interventionen sind. Im Irak hat sich ihre Risikobereitschaft und ihre Verschlossenheit gegenüber der Kritik vermeintlicher Partner und Verbündeter ausgezahlt. Der einstige Problem- oder Schurkenstaat ist nicht mehr länger durch eine Diktatur okkupiert, die die Nachbarn bedroht und die eigene Bevölkerung entrechtet. Das staatliche Gewaltmonopol ist so nachhaltig fragmentiert, daß die Bürger keine Regierung mehr zu fürchten haben, sondern stets Schutz finden bei paramilitärischen Organisationen ihrer jeweiligen Wahl.

Wer die Lage im Irak als einen zumindest latenten Bürgerkrieg denunziert, sollte bedenken, daß dies der Preis ist, den die Freiheit mitunter fordert. Seitdem die Durchsetzung von Demokratie und Menschenrechten auf der Tagesordnung der Weltpolitik steht, sterben Tag für Tag Unbeteiligte, damit wir diesem Ziel näher kommen. Insbesondere die USA haben hierzu Wesentliches beigetragen. Soll das Opfer all dieser Menschen, allein 100.000 waren es im Irak, umsonst gewesen sein?

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