© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/11-01/12 / 23./30. Dezember 2011

Zeitschriftenkritik: Kirchliche Umschau
Göttlichkeit und Menschenbilder
Werner Olles

Die Kopten, die christlichen „Ureinwohner“ Ägyptens und getauften Nachfahren der Pharaonen, sind durch das drohende Szenario eines Verlöschens des Christentums am Nil aktuell im Fokus der Weltöffentlichkeit. Doch sind gerade sie und ihr Land unmittelbar mit der Kindheitsgeschichte Jesu verbunden, denn nach dem Neuen Testament (Mt 2,13-15) fand die Heilige Familie auf der Flucht vor der Verfolgung in Ägypten Asyl. In der modernen, westlichen Theologie ist dies aber kaum noch ein Geschehnis, dem eine Bedeutung für die Liturgie zukommt.

In seinem Beitrag „Die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten“ (Kirchliche Umschau, Dezember 2011) schildert Norbert Clasen die Geschichte dieser Flucht vom Bethlehemer Kindermord durch König Herodes über den Aufenthalt von Jesus, Maria und Joseph in ihrer Zufluchtsstätte bis zu ihrer Rückkehr ins Heilige Land. Wenngleich auch keine historischen Aufzeichnungen über die Reise der Familie Jesu in Ägypten existieren, entwickelten sich über die Jahrhunderte als wesentliches Element des koptischen Volksglaubens immer mehr reich ausgestaltete Erzählungen, Legenden und mündliche Überlieferungen, die unter anderem auf einem apokryphen Evangelium aus dem 8. Jahrhundert und auf einer aus dem 4. Jahrhundert stammenden Schrift des 23. Patriarchen von Alexandria mit dem Titel „Vision des Theophilius“ basieren.

Die Psychotherapeutin Anneliese Weber Gindrat setzt sich in ihrem Beitrag „Seelenleben im Widerstreit“ aus christlicher Sicht mit dem psychologischen Menschenbild Siegmund Freuds und Carl Gustav Jungs auseinander. Dabei kritisiert sie vor allem jene Psychotechniken, denen es nur um das „Hier und Jetzt“ geht, um die momentane Erfahrung und subjektive Befindlichkeit des Individuums. Dem Gebot „Alles ist im Wandel“ hat sich dabei die gesamte Therapie unterzuordnen, wobei alles Verbindende und jede Verantwortung als Zwang und Einschränkung empfunden und verworfen wird, weil dies angeblich die Entwicklung des „freien Individuums“ behindere. Dementsprechend beurteilte Freud die Religion als „Massenwahn“ und ordnete sie einerseits den Zwangsneurosen zu, da religiöse Rituale den gleichen Ursprung hätten wie die Zwangshandlungen, andererseits ordnete er sie auch den Zuständen halluzinatorischer Verworrenheit zu, da die Religion ein System von Wunschillusionen mit Verleugnung der Wirklichkeit sei. Die Autorin sieht die moderne Psychologie daher im Einflußbereich des herrschenden Zeitgeistes. So versuche sie zwar leidenden Menschen zu helfen, greife jedoch schützende und ordnende Strukturen an, indem sie ein falsches Menschenbild vertrete.

Über den Evangelisten Johannes, den Lieblingsjünger Jesu, der als einziger Apostel unter dem Kreuz stand, berichtet Ralf Oppermann. In seinem Evangelium wies Johannes besonders auf die göttliche Natur des Heilands hin und beschrieb vieles, was Matthäus, Markus und Lukas nicht erzählten, vor allem aus den Anfängen des Wirkens Jesu.

Kontakt: Canisius-Werk e.V., Sankt-Vinzenz-Haus, 53809 Ruppichteroth. Das Jahresabo kostet 45 Euro. www.kirchliche-umschau.de

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