© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/11-01/12 / 23./30. Dezember 2011

Henkel ist jetzt Freier Wähler
Bundestagswahl: Mit Unterstüzung des ehemaligen BDI-Präsidenten will die Partei als Euro-kritische „neue liberale Kraft“ die FDP ablösen
Moritz Schwarz

Der Bundesvorsitzende der Freien Wähler (FW) Hubert Aiwanger hat große Pläne. Als „einzige vernünftige Partei der bürgerlichen Mitte“, die den „politischen Wahnsinn“ des ESFS/ESM und den „Marsch in einen EU-Zentralstaat“ noch zu verhindern versuche, will er seine Formation 2013 in den Bundestag führen. Jetzt hat er einen prominenten Mitstreiter gewonnen: Hans-Olaf Henkel, der am Montag auf einer überfüllten Pressekonferenz in Berlin den versammelten Hauptstadtjournalisten seinen FW-Beitritt bekanntgab.

Damit hat das Rätselraten um Henkels parteipolitische Pläne vorerst ein Ende. Im September, kurz vor der Berliner Abgeordnetenhauswahl, hatte sich Henkel, der zuvor jahrelang die FDP unterstützte, von den Liberalen losgesagt. Monatelang hielten sich dann die Gerüchte um eine neue „Henkel-Partei“. Zwar betonte der ehemalige BDI-Chef stets, keinesfalls selbst eine solche gründen zu wollen, wohl aber würde er seine „Kraft und Erfahrung einer geeigneten politischen Formation ... und sei es eine neue Partei ... zur Verfügung stellen“, wie er unter anderem im JF-Interview sagte. Damit hatte er bundesweit die Phantasie angeregt. Zuletzt meldete der Stern: „Henkel erwägt Parteigründung“ und erweckte den Eindruck, der Euro-Querdenker mache sich bereits Gedanken über das Personaltableau von Friedrich Merz über Wolfgang Clement bis Thilo Sarrazin.

Stattdessen steuert Henkel jetzt in den Hafen der Freien Wähler. Am vergangenen Freitag erst war der FDP-Mitgliederentscheid gescheitert, für den Henkel ohne Unterlaß geworben hatte. War die Niederlage des Euro-Kritikers Frank Schäffler der Grund für Henkels Entscheidung? „Nein“, beteuert er auf Nachfrage der JF: „Als ich hörte, daß die Parteiführung für den Fall eines positiven Ausgangs plötzlich die Unabhängigkeit des Freien Mandats ihrer Abgeordneten wiederentdeckt hat, verließ mich jedes Vertrauen, daß der Entscheid auch umgesetzt worden wäre.“ Dennoch ist es vor allem die FDP, die Henkel an diesem Morgen beschäftigt. Seiner Ansicht nach habe die Partei ihren liberalen Geist ausgehaucht. „Wollen Sie der FDP mit ihrem Engagement für die FW den Todesstoß versetzen?“ fragt ihn ein Journalist. „Das schaffen die auch ohne meine Hilfe“, antwortet Henkel trocken. Nachdem sich die CDU immer weiter sozialdemokratisiert, die SPD dadurch nach links gedrängt und Grüne und Piraten diese sogar noch links überholt hätten, fühle er sich als bürgerlicher Wähler „heimatlos“.

Hubert Aiwanger lächelt zufrieden und lehnt sich zurück. Hans-Olaf Henkel sei nur der erste neue Mitstreiter. Mit Paul Kirchhof ist bereits ein Sondierungsgespräch geplant und Hans-Werner Sinn stünde als nächster auf der Wunschliste. Auch wenn Henkel mit Verweis auf seinen 72. Geburtstag im März betont, kein Mandat anzustreben, will er bereits zur nächsten Wahl im neuen Jahr, am 6. Mai in Schleswig-Holstein, Wahlkampfauftritte für die FW absolvieren. Eigentliches Ziel sei aber der Bundestag, für den Aiwanger die Parole „Fünf Prozent plus x“ ausgibt. Dann wird der FW-Chef gefragt, wie er der Aufnahme ehemaliger NPD-Mitglieder vorbeugen wolle. Aiwanger wird ernst. Um das zu verhindern werde jeder Neuzugang einer Prüfung unterzogen. Ex-Republikaner, ehemalige Pro-Leute, Schillianer – die Grenze sei für ihn eigentlich die Schill-Partei, aber das müsse von Fall zu Fall bewertet werden.

Doch selbst wenn der Einzug 2013 klappen sollte, kommt er zu spät, denn über den ESM-Rettungschirm wird 2012 abgestimmt. „Richtig“, sagt Henkel. Bei der „Rettung vor der Euro-Rettung“ hofft er inzwischen nicht mehr auf Deutschland, „sondern zum Beispiel auf Finnland oder Holland“, wo die Skepsis wachse. Dennoch sei es wichtig, mit den FW eine „neue liberale Kraft“ für Deutschland aufzubauen.

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