© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/11 / 16. Dezember 2011

Mythen aus dem Preußenland: Christliche Blicke auf die Prußen
Verfremdete Heiden
(jr).

Die Prußen, die Alteinwohner des Preußenlandes zwischen Weichsel und Memel, wehrten sich bis Ende des 13. Jahrhunderts gegen ihre politische Unterwerfung durch den Deutschen Orden und gegen ihre gewaltsame Christianisierung. Nicht ganz erfolglos, da christliche Autoren noch im 16. Jahrhundert über ihr Festhalten an „heidnischen“ Lebens-­orientierungen klagten. Der Salzburger Historiker Michael Brauer, der den Umgang mit dem Heidentum am Beispiel der Prußen in einer umfangreichen Monographie erforschte, verficht die nun auch in einer knappen Studie vorgetragene These, daß der „Diskurs über das Heidentum“ in der Literatur der Eroberer mehr über das Selbstverständnis der preußisch-deutschen Elite verrät als über die religiöse Wirklichkeit der schriftlosen prußischen Kultur (Zeitschrift für Historische Forschung, 2-11), deren Festhalten an ihrer Altreligion im Geheimen auch in der Abgeschiedenheit der ostpreußischen „Wildnis“ eher unwahrscheinlich ist. Tatsächlich stelle das Heidentum sich als Grundmuster eines invertierten Christentums dar, mit dem oberpriesterlichen Criwen als heidnischem Anti-Papst oder dem Bockopfer als Parodie der christlichen Messe. Mit christlichen Begriffen konnte Heidentum eben nur als „Verzerrung des Eigenen“ und nicht als „gänzlich anderes“ wahrgenommen werden.

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