© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/11 / 25. November 2011

Schiff ahoi!
Der Möwe-Verlag aus Wilhelmshaven bietet seit 1953 maritime Modellbausätze aus Karton an – das Segment wird ständig erweitert
Joachim Feyerabend

Bastelarbeiten waren einst eine beliebte Freizeitbeschäftigung für Kinder in der Winterzeit: Während kleine Mädchen Puppen und eine ganze Kollektion von Kleidern aus papierenen Bastelbögen mit der Schere ausschnitten, lebten kleine Jungen ihre Papierträume vom Dasein als Seemann oder Pilot.

Die Anziehpuppe hat im digitalen Zeitalter einiges an Attraktivität verloren, doch der technische Modellbaubogen zur Herstellung originalgetreuer Schiffe und Flugzeuge in verkleinertem Maßstab hat seinen ständigen Liebhaberkreis auch in der Welt der Erwachsenen behauptet.

Spezialisiert auf solche Modellbaukostbarkeiten ist der Möwe-Verlag aus Wilhelmshaven. „Die Idee zu den Modellbaubögen entstand im Jahr 1953“, sagt Inhaber Siegfried Wolter. In der Folge sei das Angebot konsequent verbessert worden und finde dank des Farbdrucks und qualitativ hochwertigen Materials bei einer internationalen Gemeinde von Hobbybastlern Zuspruch, so der Diplom-Ingenieur. Wolter bietet seinen Kunden neben den Bögen Informationen über die Originale, technische Details oder historische Einzelheiten – ein spielerischer Geschichtsunterricht aus der Praxis heraus. Vom Panzerschiff „Graf Spee“ und dem Schlachtschiff „Bismarck“ über das legendäre Unterseeboot „U 96“ sowie die atomgetriebene „Nautilus“ der Amerikaner, vom Passagierschiff „America“ bis hin zur Yacht des verstorbenen griechischen Reeders Onassis, der „Christina“ – die Produktpalette des Möwe-Verlages umfaßt ein ganzes Arsenal von Wasserfahrzeugen. Containerschiffe wie die „MS Sydney Express“, Großtanker, Flugzeugträger und sogar das Segelschulschiff „Gorch Fock“ der Bundesmarine sind hier vertreten. Hinzu kommen verschiedene Flugzeugmodelle. Für die naturgetreu wirkenden Schiffe oder Flugzeuge gilt der Maßstab 1:500 oder häufiger 1:250, die Militär- oder Zivilflugzeuge werden im Maßstab 1:50 angeboten. Die Preise rangieren zwischen sechs und 99 Euro, je nach Größe und Kompliziertheit des Objektes. Dabei erleichtert die Angabe von Schwierigkeitsgraden die Auswahl. So läßt sich der Leuchtturm „Roter Sand“ – das Original steht in der Wesermündung – relativ leicht nachbauen; dagegen muß man für die V2-Rakete oder die US-Mondlandefähre Lunar Module schon mehr Fingerspitzengefühl aufbringen.

Neuerdings werden sogar ganze Hafenanlagen mit Piers und Schuppen, Kränen und Hafenbahn angeboten. Die große Variationsbreite der Modellbaubögen werde ständig erweitert, erklärt Wolter. Viele der Modelle aus der kaiserlichen Marinestadt Wilhelmshaven an der Nordsee sind zum Ausdrucken im DIN-A4-Format am heimischen PC zu haben. Der künftige „Werftbesitzer“ muß für dieses Steckenpferd keinen großen Aufwand treiben: Ein Bastelmesser, um entlang gerader oder leicht geschwungener Linien zu schneiden, eine Schere für stärker gekrümmte Teile, eine Pinzette für kleine Einzelheiten, ein Lineal, eine feste Unterlage, etwa eine Glasplatte, ein guter Klebstoff genügen dem Modellbaufan als Werkzeug.

Und schon kann es mit dem sogenannten Kartonmodellbau losgehen. Der Bastelvorgang ist nicht schwierig, es handelt sich letztlich nur um eine andere Form des Modellbaus. Ein kleiner Tip vom Fachmann: Später gerundete Teile werden beispielsweise über einen Bleistift gerollt, bis sie die nötige Rundung einnehmen.

Foto: Kunstwerk aus Karton: Minensuchboot des 2. Minensuchgeschwaders (1956) der Deutschen Bundesmarine