© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/11 / 25. November 2011

Umwelt
Qualvoller Vogelfang
Volker Kempf

In der Vorweihnachtszeit trudeln die Spendenbriefe ein: „Sicher haben Sie als treuer Freund des Vogelschutz-Komitees bereits darauf gewartet: Unser neuer Postkartenkalender ist da“, heißt es da. Nun, Adreßaufkleber wären auch nicht schlecht gewesen. Aber worauf der Empfänger des Vogelschutz-Spendenbriefes vielleicht mehr wartete, ist die Information, was aus dem traditionellen Vogelfang auf Zypern eigentlich geworden ist. Der griechische Teil der Mittelmeerinsel gehört immerhin seit 2004 zur EU. Hier gilt unter anderem die „Vogelschutzrichtlinie“ (79/409/EWG), die den Fang von Vögeln mit Leimruten und feinmaschigen Netzen streng verbietet. Die zyprische Regierung gehe inzwischen gegen Wilderer vor. Es habe durch die Forstpolizei schon über 300 Anzeigen gegen Vogelwilderer im Jahr 2010 gegeben, und die Gerichte „verhängen inzwischen kräftige Strafen“, heißt es. Das liest sich schon besser als vor ein, zwei oder drei Jahren.

Doch noch immer finden Vogelschützer Leimruten mit teilweise verendeten Vögeln daran, wird mitgeteilt. Ein beeindruckendes Foto von einem verendeten Tier fehlt nicht. Es gebe zu wenig Personal für die Kontrollen, ist zu erfahren. Also müßten weiter Leimruten, Netze und Lockvogelanlagen von ehrenamtlichen Helfern gesucht und zerstört werden. Flüge, Unterkünfte und Fahrzeugmiete koste dieser Einsatz. An Leimruten zu enden oder sich in Netzen zu verfangen bedeutet für die betreffenden Vögel sicher einen qualvollen Tod. Angesichts der vielen überflüssigen Dinge, die es heute in der Vorweihnachtszeit schon zu kaufen gibt, liegt die Überlegung nahe, lieber etwas zu spenden, etwa für den Vogelschutz. Das wäre auch die adäquate Antwort auf Claudia Roth, die einst empfahl, dem Wirtschaftswachstum zuliebe an Weihnachten mehr zu konsumieren – wenn auch nicht unbedingt auf Zypern eine Vogeldelikatesse.