© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/11 / 25. November 2011

Rechtsextremismus
Nun tauchen viele Fragen auf
Norbert Geis

Die Mordserie an acht türkischen und einem griechischen Kleinunternehmer in den Jahren 2000 bis 2006 und der Mord an einer Polizistin 2007 blieben lange unaufgeklärt und waren in der Öffentlichkeit fast vergessen. Man nannte diese Morde die „Döner-Morde“ und rechnete sie türkischen Kreisen zu, ohne dafür konkrete Anhaltspunkte zu haben. Zeitgleich mit dem Beginn des Prozesses gegen den norwegischen Massenmörder Anders Breivik kam nun heraus, daß diese Taten nicht von Türken, sondern von Deutschen, von zwei Männern und einer Frau aus Zwickau, begangen wurden.

Fragen tauchen nun auf, warum Verfassungsschutz und Polizei versagt haben oder ob es sogar ein Zusammenspiel mit den Terroristen gab. Es stellt sich auch erneut die Frage nach einem Verbot der NPD. Nach Artikel 21 II unseres Grundgesetzes kann nur das Verfassungsgericht das Verbot einer Partei aussprechen. 2003 war ein solches Verbotsverfahren an einem Verfahrenshindernis, also aus prozessualen Gründen, gescheitert, da die Klage auf nachrichtendienstliche Beobachtungen durch V-Leute gestützt worden war. Zu der Prüfung, ob die NPD eine verfassungsfeindliche Partei ist, kam das Gericht erst gar nicht. Viele Quellen bestätigen aber die Erkenntnis, daß die NPD eine verfassungsfeindliche, für unsere Demokratie gefährliche Partei ist.

Der Bundesinnenminister hat zugesagt zu prüfen, ob die bisherigen Erkenntnisse für eine erfolgreiche Klage ausreichen. Es wäre gut, wenn das Verfassungsgericht mit einer Entscheidung in der Sache endlich Klarheit schaffen würde. Der Einsatz von V-Leuten, auf den wir nicht verzichten können, ist kein Hindernis für den Erfolg der Klage. Die oft zitierte Entscheidung aus dem Jahr 2003 geht auf das Votum einer Minderheit (drei von acht) zurück. Der Senat ist inzwischen neu besetzt. Das Gericht muß berücksichtigen, daß die V-Leute, anders als bei verdeckten Ermittlern, dem Staat nicht zugerechnet werden können. Sie geben lediglich Informationen über Organisationen weiter, denen sie aus eigenem Antrieb angehören. Deshalb dürfte der Einsatz von V-Leuten kein Verfahrenshindernis sein.

Ein Verbot der NPD löst jedoch nicht das Problem des Rechtsextremismus. Wir müssen weiterhin alles tun, um diese ideologische Verblendung gesellschaftlich zu ächten.

 

Norbert Geis, CSU, ist Rechtsanwalt und seit 1987 Mitglied des Deutschen Bundestages.