© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/11 / 18. November 2011

Adidas will Nike einholen
Unternehmen: Nach mehreren Eigentümerwechseln scheint der deutsche Sportartikelhersteller wieder auf der Überholspur zu sein
Marco Meng

Während Banken trotz massiver Steuerzahlerhilfe zu den größten Wertvernichtern gehören, wollen realwirtschaftliche Firmen wie Adidas von der Krise nichts wissen. Nach dem jüngsten Rekordquartal ist sich das Unternehmen aus Herzogenaurach sicher, daß das laufende Jahr 2011 erfolgreicher sein wird, als bislang gedacht. Der Nettogewinn stieg von 266 auf 303 Millionen Euro. Damit erwirtschaftete das Dax-Unternehmen mit weltweit gut 46.000 Mitarbeitern in diesem Jahr unterm Strich bislang 652 Millionen Euro.

Der weltweit nach Nike zweitgrößte Sportartikelhersteller mit den drei Streifen traut sich nun ein Umsatzplus von rund zwölf Prozent zu, statt zuvor zehn Prozent. Hohe Wachstumsraten verbuchte Adidas vor allem beim Verkauf in den eigenen Läden. Die Olympischen Spiele oder die Fußball-EM im kommenden Jahr bieten zudem gute Chancen, den Erfolgskurs beizubehalten. Puma, der drittgrößte Anbieter, will bis 2015 den Umsatz von 2,7 auf vier Milliarden Euro steigern, Adidas von 12 auf 17 Milliarden Euro, Nike von 20 Milliarden Dollar (14,5 Milliarden Euro) auf 28 bis 30 Milliarden Dollar.

Der Fokus der großen Sportartikelhersteller liegt vor allem auf Wachstumsmärkten wie China oder Rußland. Denn während Nike auf dem US-Heimatmarkt gut verdient, bringt Adidas der deutsche Markt nur gut fünf Prozent des Gesamtumsatzes. In Nordamerika erwirtschaftet man gut drei Milliarden Euro pro Jahr, knapp die Hälfte der dortigen Nike-Umsätze.

Rund um die Welt liefern sich die beiden Kontrahenten ein Kopf-an-Kopf-Rennen: In Deutschland, Frankreich, und Rußland ist Adidas vorne. Schon in zwei Jahren soll Rußland dem Konzern einen Milliardenumsatz bescheren. Nike führt in den USA, in Großbritannien und in China. Adidas-Chef Herbert Hainer hatte zuletzt 2006 mit einem Zukauf versucht, aufzuholen: Für etwa drei Milliarden Euro hatte man die US-Marke Reebok übernommen, die aber erst viel Energie kostete, indem Reebok zu einer Fitneßmarke umgestaltet wurde, die vor allem Frauen ansprechen soll.

Das Werbeversprechen Reeboks für seine „muskelaktivierenden“ Schuhe kostete die Firma jetzt noch einmal gerichtlich verordnete 25 Millionen Dollar. „Wir werden Nike mit unserer neuen Marke Reebok in deren Heimatmarkt beschäftigen“, hatte der Adidas-Chef noch Anfang 2006 gesagt, als er die kränkelnde US-Marke gekauft hatte. Noch Jahre später gingen dessen Umsätze um fünf Prozent zurück. Damit das Geschäft mit Trekkingschuhen und Wanderjacken 2015 eine halbe Milliarde Euro zum Adidas-Umsatz beisteuert, hat man unlängst die US-Marke Five Ten gekauft. Der Konkurrent Nike ist in dieser Sparte noch kaum vertreten. Ein weiterer Umsatzbringer soll für Adidas die Modemarke Neo werden. Zielgruppe sind junge Frauen.

In den nächsten Jahren dürften sich Nike und Adidas vor allem einen Kampf um den riesigen Markt China liefern. Die sensationell guten Zahlen jetzt dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß gerade aktiengehandelte Marken wie Adidas starken Schwankungen unterliegen: So war etwa der Gewinn im zweiten Quartal 2009 um 95 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen.

Adidas entstand nach der Währungsreform 1948 aus der Schuhfabrik „Gebrüder Dassler“. Adolf Dasslers Bruder Rudolf gründete mit Puma eine eigene Firma. 1990 verkaufte der Familienzweig Adolf Dassler 80 Prozent seiner Firmenanteile für 470 Millionen Mark an den französischen Politiker und Künstler Bernard Tapie. Der schillernde Unternehmer will die Firma zu einer Modemarke umwandeln. Mit Cordhosen und Krawatten rutscht der Konzern immer tiefer in die roten Zahlen.

Der Retter hieß Robert Louis-Dreyfus. Der Franzose reduziert die Produktpalette, verlagert das Gros der Produktion ins Ausland, verdoppelt den Werbeetat und wandelt 1995 das Unternehmen in eine AG um. 1997 übernahm Louis-Dreyfus für 2,4 Milliarden Mark Salomon, einen französischen Freizeitkleidungshersteller, den der neue Adidas-Chef Hainer 2005 aber wieder weiterverkauft. Weniger als zehn Prozent der Mitarbeiter sind derzeit noch in Deutschland tätig. Die letzte deutsche Adidas-Fabrik produziert in Scheinfeld bei Nürnberg – von dort kommen das Maßschuhsortiment und edle Serienschuhe wie „Copa Mundial“.

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