© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/11 / 11. November 2011

Haltungsnote
Schlecker auf Türkisch
Christian Schwiesselmann

War in der DDR die Deutsch-Sowjetische Freundschaft (DSF) einer der ideologischen Geßlerhütte, an dem kein Staatsbürger ohne Gruß vorbeikam, so ist es heute die Deutsch-Türkische Freundschaft (DTF). Auf eine wachsende Käuferschicht schielend, hat die deutsche Drogeriemarktkette Schlecker deshalb eine Publikation in türkischer Sprache herausgegeben. Die „Mischung aus Magazin und Prospekt“ soll testweise in Duisburg verteilt werden. „Wir gehen diesen Weg bewußt, um ein Zeichen der Freundschaft und zugleich der Integration zu setzen“, schwärmt der Marketingchef Volker Schnurr.

Der 43jährige, der bisher für das monatliche Schlecker Magazin (IVW-Auflage: 1.485.000) verantwortlich zeichnete, startete damit einen Testballon: „Wir testen in der ersten Phase, wie die Kommunikation in türkischer Sprache angenommen wird.“ Wenn der Prospekt mit aktuellen Verbraucherthemen wie „Bausteine des Glücklichseins“ oder „Gesundheit aus der Natur“ angenommen werde, solle die gezielte Ansprache türkischer Mitbürger zügig ausgebaut werden, heißt es dazu auf dem Schlecker-Blog. Spätestens dann dürften auch Halal-Produkte in den Regalen des 1975 von Anton Schlecker gegründeten Unternehmens auftauchen, das neben den Vorwürfen der Lohndrückerei aus der Gewerkschaftsecke zuletzt auch wirtschaftlich in eine Schieflage geraten war.

Schnurr will das angekratzte Image als „Nahversorger in der unmittelbaren Umgebung“ aufpolieren. Dabei ist das „Corporate Bran­di­ng“ – wie es im BWL-Denglisch heißt – mit „For You. Vor Ort“ sprachlich schon einmal gründlich in die Hose gegangen. Ob ausgerechnet ein Magazin auf türkisch die Integration fördert, ist fraglich. Am Ende könnte es den Druck zum Erwerb der deutschen Sprache weiter mindern. Ein Bärendienst an der DTF.

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