© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/11 / 11. November 2011

Kölscher Kurswechsel
Islamisierung: Die türkische Ditib entläßt den Architekten der Kölner Großmoschee
Martin Schneider

Die repräsentative Zentralmoschee der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e.V. (Ditib) in Köln-Ehrenfeld sollte nach dem Willen ihrer Auftraggeber das Symbol für die Integration des Islam in Deutschland werden. Doch jetzt droht ein Streit zwischen dem deutschen Arm des türkischen Religionsministeriums und dem Architekten der Moschee, Paul Böhm, zu einem Großkonflikt zu eskalieren: Die Ditib-Verantwortlichen haben den Architekten, der einer Familie bekannter rheinischer Kirchenbaumeister entstammt, vor die Tür gesetzt.

Der Rat der Stadt Köln hatte 2008 den Bau des Gebäudes im ehemaligen Arbeitervorort Ehrenfeld genehmigt. Kein Geringerer als Kölns damaliger Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) hatte sich für den zunächst heftig kritisierten Bau einer „kölschen Moschee“ stark gemacht. Für seinen Einsatz für Integration und seine Rolle als Vermittler bei den Auseinandersetzungen um den Kölner Moscheebau war Schramma unter anderem 2009 mit dem Friedenspreis des „Zentral-instituts Islam-Archiv-Deutschland“ ausgezeichnet worden. Nach dem äußerst rüden Umgang der Ditib mit dem Architekten Böhm mehren sich nun die Zweifel, ob die Beschwörung des interkulturellen und interreligiösen Dialogs nur vorgeschoben war.

Der Bau in Ehrenfeld ist mittlerweile sehr weit vorangeschritten. Schon aus der Ferne kann man die zwei 55 Meter hohen Minarette und die runde Betonkuppel sehen. Kritiker argwöhnen mit Blick auf die Entlassung des Architekten, der sprichwörtliche Mohr habe in den Augen von Ditib wohl seine Schuldigkeit getan. Denn es war ein ungeheurer Prestigegewinn für das Projekt, daß ausgerechnet ein renommierter Kirchenbaumeister für den Moscheebau gewonnen werden konnte.  Nun könnten die Bauherren versuchen, die offene und moderne Architektur zumindest im Inneren in ihrem Sinne traditionell umzuformen.

Während zunächst mit den hehren Phrasen des üblichen Beschwichtigungsdiskurses für das muslimische Gotteshaus geworben wurde, kehrte Ditib bei einer sehr restriktiv gehandhabten Pressekonferenz sozusagen die schwäbische Hausfrau heraus, welche die Groschen zusammenhält. Die Kosten für die Moschee seien explodiert, sagte eine Sprecherin. Gravierende Baumängel seien auf das Architekturbüro Böhm zurückzuführen.

Als geradezu ehrabschneidend muß der Kommentar gewertet werden, Böhm habe als Künstler brilliert, aber als Bauleiter versagt. Und während in der Anfangszeit exzellente PR-Arbeit gefragt war, um die Zweifler und Gegner des Projekts zu überzeugen oder zumindest zum Schweigen zu bringen, hat Ditib mittlerweile augenscheinlich keine professionelle Öffentlichkeitsarbeit mehr nötig.

Auf der Pressekonferenz in Köln wurden nämlich nur „bautechnische Verständnisfragen“ zugelassen. Ein Vorgang, der in einer offenen westlichen Gesellschaft zumindest ungewöhnlich ist und die Frage aufkommen läßt, wie ernst die Muslime in diesem Fall noch ein transparentes Verfahren nehmen, das alle Bürger – um im Politikerdeutschen zu sprechen – „mitnimmt“. Die Rechtfertigung für die Einschränkung der Diskussionsfreiheit lautete, daß man die Baufrage nicht ideologisch aufladen wolle. Der düpierte Architekt ließ unterdessen verlauten, daß Ditib Honorare schuldig geblieben sei und er den Vertrag mit den säumigen Zahlern sowieso habe kündigen wollen. Zudem sei mit dem neuen Ditib-Vorstand, der seit einem Jahr im Amt ist, keine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich gewesen. Sämtliche Ditib-Mitarbeiter, die an dem Projekt von Beginn an beteiligt gewesen seien, habe man ausgetauscht.

In anderen Kommunen wird man die Entwicklung am Rhein mit Neugier beobachten. So machte Ditib Ende Oktober bekannt, daß man in Remscheid (Bergisches Land) in der Innenstadt für rund drei Millionen Euro eine Moschee bauen wolle. Prägendes Element soll ein 28 Meter hohes Minarett sein. Die Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche haben schon ihren Segen dazu gegeben. Politik und Verwaltung stehen dem Projekt ebenfalls wohlwollend gegenüber, obwohl die Stadt betonte, daß man noch in einer früheren Phase der Bürgerbeteiligung sei. Doch viel Zeit zum Diskutieren wird es nicht mehr geben. Die Bauarbeiten sollen im Frühjahr mit dem Abriß des Altbaus starten. Die Bauzeit wird auf 18 Monate geschätzt. Und während die Remscheider Politik vor kurzem die Bürger dazu befragte, ob sie in ihrer Stadt den Bau eines Designer Outlet Centers befürworten, werden sie die Remscheider wohl nicht befragen, ob sie für den Bau einer repräsentativen Moschee in ihrer Innenstadt sind.

Foto: Moschee in Köln-Ehrenfeld: Beschwörung des interkulturellen Dialogs nur vorgeschoben?

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen