© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/11 / 04. November 2011

Zigeuner in Europa
Ungeliebte Nachbarn: Entnervte Anrainer, hil¬flose Politiker und eine agile EU-Kommission
Curd-Torsten Weick

Für Schlagzeilen sorgt die Zigeunerfrage – Schätzungen zufolge leben in der EU um die zehn Millionen Roma – immer wieder aufs neue. Ob in Frankreich die Regierung Sarkozy Ende Juli vergangenen Jahres propagierte, die Hälfte der Zigeunersiedlungen in Frankreich abreißen und straffällig gewordene Zigeuner in ihre Heimatländer Rumänien und Bulgarien abschieben zu wollen, oder slowakische Gemeinden Mauern errichten, um Roma-Siedlungen von der Mehrheitsbevölkerung zu trennen. Ob Proteste gegen hohen Zigeunerzuzug und -präsenz im nordböhmischen Schluckenauer Zipfel im Juni dieses Jahres (JF 38/11), Probleme bei der Integration in Rumänien oder die jüngsten Proteste gegen Roma-Kriminalität in Bulgarien, überall ist die Szenerie die gleiche.

Während sich vor allem die Anwohner angesichts gestiegener Kriminalität, unzumutbarer hygienische Zustände und aggressiver Bettelei alleingelassen fühlen, sprechen Kritiker von Ausgrenzung. Die Politik agiert angesichts des zunehmenden „Zuzugs von unanpassungsfähigen“ reisefreudigen Einwohnern aus Südeuropa hilflos.

Dennoch zeigten sich die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten Ende Juni entschlußkräftig und sagten der EU-Kommission zu, deren Plan zur „Integration der Roma“ zu unterstützen. Demnach geht es nun darum, die „jahrhundertelange Ausgrenzung der Roma in Europa zu beenden.“ Entsprechend dem von der Kommission vorgelegten EU-Rahmen müssen die Mitgliedstaaten nun in vier Kernbereichen – Bildung, Beschäftigung, Gesundheitsfürsorge und Wohnraum – für eine „bessere gesellschaftliche und wirtschaftliche Eingliederung sorgen und für ihre Roma-Bevölkerung angemessene Maßnahmen ergreifen“. Die jeweiligen nationalen Strategien sollen bis Ende 2011 vorliegen.

Sichtlich stolz resümierte die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Viviane Reding den gemeinsamen Schritt: „Die EU sendet ein starkes Signal: Die Ausgrenzung der Roma ist nicht vereinbar mit unseren gesellschaftlichen Werten und unserem Wirtschaftsmodell.“

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