© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/11 / 04. November 2011

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Ulla Jelpke ist keine Demokratin“
Henning Hoffgaard

Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, steht gerne im Mittelpunkt. Dabei sind es weniger die extravaganten roten Lederschuhe des SPD-Politikers, die in der vergangenen Woche während eines Symposiums der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung zum Linksextremismus für aufgeregte Diskussionen sorgen, sondern die Ansichten Krügers, die bei den etwa 80 Anwesenden einige Verwunderung hervorrief.

Mit den anderen Podiumsgästen, darunter die Politikwissenschaftler Eckhard Jesse und Armin Pfahl-Traughber, will sich der Sozialdemokrat nicht einmal auf eine Definition des Begriffes „Linksextremismus“ einigen, den er so am liebsten auch gar nicht verwenden möchte. Krüger redet lieber von „linker Militanz“ und suggeriert so, wie der Extremismusforscher Jesse feststellt, daß die Mehrzahl der 25.000 Linksextremisten in Deutschland, von denen der Verfassungsschutz ausgeht, eigentlich keine Extremisten seien.

Aber von derartigen Gegenargumenten läßt sich der Chef der Bundeszentrale nicht beeindrucken. Immerhin, seine Organisation will sich dem Themenfeld „linke Gewalt“ künftig stärker widmen. Deutlich werden die unterschiedlichen Grundpositionen besonders bei der Bewertung der Linkspartei. Für Jesse verfolgt die Partei eindeutig einen „weichen“ Linksextremismus. Krüger will davon wenig wissen und verweist dafür auf die aktuelle Programmdebatte in der Linken. Ein Mitglied der Gewerkschaft der Polizei hakt nach: Was denn von den Äußerungen der Linkspartei-Abgeordneten Ulla Jelpke zu den Brandanschlägen auf die Deutsche Bahn zu halten sei, will er wissen. Diese hatte die Ziele der linken Terroristen als „durchaus richtig“ bezeichnet. Krüger weicht aus. Er kenne Jelpke und könne sie deswegen eigentlich „nicht ernst nehmen“. Zudem sei sie ja „demokratisch gewählt“ und auch ihre „Dummheit“ sei durch das Grundgesetz geschützt. Einige Zuhörer schütteln mit dem Kopf. Jesse erwidert trocken, Jelpke sei zwar „demokratisch gewählt, aber sie ist keine Demokratin“.

Zumindest an einem Punkt sind sich die Anwesenden einig: Es gibt zu wenig Grundlagenforschung zum Linksextremismus. Daß diese, sofern sie in Angriff genommen wird, nicht ganz einfach ist, weiß Jesse, der an der Technischen Universität Chemnitz zum politischen Extremismus forscht, aus eigener Erfahrung. Wer sich kritisch mit dem Linksextremismus befasse, sagt er, werde schnell in die „rechte Ecke“ geschoben. Ihm selbst haben Linksextremisten bereits eine Patrone zukommen lassen und gewarnt, die nächste Zustellung erfolge „per Expreß“.

Trotzdem sind es vor allem Krügers Einlassungen, die auch in den folgenden Veranstaltungen zur Präventions- und Bildungsarbeit für Gesprächsstoff sorgen. Der ehemalige Leiter der Landeszentrale für politische Bildung in Bayern, Peter März, bringt es auf den Punkt: Krügers Ansichten zum Linksextremismus und zur „linken Militanz“ seien „verantwortungsethisch völlig unzulässig“. Krüger hat die Veranstaltung da allerdings schon längst verlassen.

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