© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/11 / 04. November 2011

Herman Cain begeistert das konservative Amerika. Wird er 2012 neuer US-Präsident?
Der Anti-Obama
Ronald Gläser

Als Herman Cain, geboren 1945, ein kleiner Junge war, hat sein Vater hart gearbeitet, um sich endlich einen Cadillac kaufen zu können. Die Eltern erzogen ihn nicht zum Neid, sondern zu Fleiß. „Ich hatte großes Glück mit ihnen“, lobt er sie heute.

Cain wuchs in dem puritanischen Bewußtsein auf, daß nicht derjenige einen Fehler gemacht hat, der es nach oben schafft – sondern der, der scheitert. Cain wollte es zu etwas bringen. Hat er auch: Er war Manager für Coca Cola, Burger King und die Imbißkette Godfather’s Pizza, die er vor dem Ruin rettete.

Vielleicht ist es diese Reihe populärer Fastfoodfirmen, oder die von ihm moderierte „Herman-Cain-Show“ im Radio, die den schlagfertigen Rhetor in den USA so beliebt macht. Umfragen sehen den Schwarzen aus Georgia derzeit als Favoriten der Republikaner in Sachen Präsidentschaftskandidatur. Denn wie kaum ein anderer Afroamerikaner symbolisiert Cain den American Dream, den Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär.

Amerika liebt solche Geschichten. Und die Vorstellung, daß ein schwarzer Republikaner den schwarzen Demokraten im Weißen Haus herausfordern könnte, heizt, besonders in Kreisen der Tea-Party-Bewegung, die Phantasie an. Großzügig sehen die Medien daher auch über Cains eindeutige Haltung in vielen Fragen hinweg. Etwa zum Islam, wo er einem Geert Wilders in nichts nachsteht. Auf die Frage, ob er einen Moslem zum Minister ernennen würde, antwortete er kürzlich: Nein, weder die Scharia noch der Islam gehörten ins US-Regierungssystem. Und: Gemeinden hätten das Recht, den Bau von Moscheen zu untersagen.

Auch mit der Occupy-WallStreet-Bewegung geht Cain hart ins Gericht. Die Demonstranten wollten nur von den Fehlern Präsident Obamas ablenken. „Schimpf nicht auf Banken, schimpf nicht auf Reiche – hast du keinen Job, bist nicht reich, schimpf mit dir selbst!“ stellte er im Wall Street Journal klar.

Das alles ist untypisch für einen Afroamerikaner, von denen meist angenommen wird, daß sie als Angehörige einer gern als unterdrückt betrachteten Minderheit gegen Kapitalismus, aber für Obama seien. Zwar haben neunzig Prozent der Farbigen Obama gewählt, aber es gibt auch ein konservatives schwarzes Amerika, das auf christlichen Wurzeln ruht – das Amerika des Clarence Thomas oder Bill Cosby. Den meisten schwarzen Amerikanern sei jedoch eine „Gehirnwäsche“ verabreicht worden, schimpft Cain, deshalb wählten sie links.

Ob der Familienvater wirklich 2012 Obamas Herausforderer werden wird, ist keineswegs sicher – zumal er sich jüngst dem Vorwurf „sexueller Belästigung“ gegenübersieht, von dem niemand weiß, ob er zutrifft oder eine „Hexenjagd“ ist, wie Cain klagt. Falls er sich widerlegen läßt, könnte Obamas Ansehensverlust Herman Cain tatsächlich den Weg ins Weiße Haus ebnen.

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