© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/11 / 28. Oktober 2011

Grüße aus Madrid
Auf nach Deutschland
Michael Ludwig

Ignacio ist gebürtiger Madrilene, 23 Jahre alt und hat eine Ausbildung, die sich sehen lassen kann – er machte an der Deutschen Schule das Abitur und studierte anschließend an der Universidad Pontificia Comillas (ICADE), einer spanischen Eliteuniversität, Wirtschaftswissenschaften. Aber nicht nur die fachliche Qualifikation ist vom feinsten, auch die Kosten sind es: An der Deutschen Schule mußten Ignacios Eltern monatlich knapp 400 Euro zahlen, an der ICADE waren es rund 1.000. In den neun Jahren Gymnasium und den vier Jahren wissenschaftlicher Hochschulausbildung lief so ein immenser Betrag auf, und wenn sich Ignacio heute die Frage stellt, ob seine Eltern eine sich auszahlende Investition getätigt haben, weiß er nicht, ob er lachen oder weinen soll. „Ich verdiene monatlich 1.200 Euro, und wie es aussieht, werden es in den nächsten Jahren keinesfalls mehr. Im Gegenteil – ich muß Angst haben, daß ich infolge des wirtschaftlichen Desasters meinen Job verliere“, sagt er.

Der junge Wirtschaftswissenschaftler steht immer noch besser da als die Mehrheit seiner gleichaltrigen Landsleute. Auf der Iberischen Halbinsel sind 45 Prozent aller Jugendlichen ohne feste Anstellung. Kein Wunder also, daß viele Spanier ihrem Heimatland den Rücken kehren wollen. Ihr bevorzugtes Ziel ist Deutschland. Alle Sprachkurse, die von den Goethe-Instituten angeboten werden, sind bis auf den letzten Platz ausgebucht.

Die desolate Lage auf dem Arbeitsmarkt nach sieben Jahren sozialistischer Mißwirtschaft wird auch die vorgezogenen Parlamentswahlen am 20. November entscheiden. Nach einer Umfrage des Zentrums für Soziologische Forschung (CIS) ist für 81,8 Prozent aller Spanier die grassierende Arbeitslosigkeit das wichtigste Problem. An zweiter Stelle folgt mit 51,3 Prozent die wirtschaftliche Situation und an dritter rangiert die politische Klasse, die hierzulande als Problem begriffen wird und die von 20,2 Prozent am liebsten zum Teufel geschickt werden würde.

Die letzten Prognosen sagen der konservativen Partido Popular (PP) einen überwältigenden Sieg mit 45,5 Prozent voraus, während sich die regierenden Sozialisten der PSOE mit 29,7 Prozent begnügen müssen. Auf die Frage, wer besser geeignet sei, die Krise zu bekämpfen, stimmten 43 Prozent für den PP-Kandidaten Mariano Rajoy, aber nur 27 Prozent für Alfredo Perez Rubalcaba, der die PSOE wieder auf strammen Linkskurs bringen will.

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