© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/11 / 28. Oktober 2011

Wenn der Islam die Gewalt fördert
Kriminalität: Christian Pfeiffer untersucht in einer Studie, wie gewalttätig die Jugendlichen in Berlin im Vergleich mit anderen Städten sind
Lion Edler

Die Auftraggeber können zufrieden sein. „Etwas optimistischer“ stimmten ihn die Ergebnisse der Studie, sagte Staatssekretär Thomas Härtel (SPD) aus der Berliner Innenverwaltung. Härtel ist Vorsitzender der „Landeskommission gegen Gewalt“, die beim Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen eine Studie über „Jugendliche als Opfer und Täter von Gewalt in Berlin“ in Auftrag gab. Diese ergab nun, daß Berlin in Sachen Gewaltkriminalität besser sei als sein Ruf.

Laut Härtel habe man die Studie in Auftrag gegeben, weil man sich „nicht allein auf die polizeiliche Kriminalstatistik verlassen“ wolle, da diese nur das „Hellfeld“ abbilde. Nach der Studie wurden 12,8 Prozent der befragten Berliner Schüler aus neunten Klassen in den vergangenen zwölf Monaten Opfer von vorsätzlicher Körperverletzung. Damit liegt Berlin leicht über dem Durchschnitt anderer Großstädte (11,7 Prozent) und über dem Bundesdurchschnitt (11,1 Prozent). Extra abgefragt wurde die Erfahrung von schweren Körperverletzungen, wozu die Studie Angriffe mit einer Waffe oder einem Gegenstand zählt. Dort liegt Berlin mit 3,5 Prozent ebenfalls über dem Bundesdurchschnitt (3,2 Prozent), jedoch unter dem anderer Großstädte (4,2 Prozent). Beim Raub weist Berlin mit 4,4 Prozent unterdurchschnittliche Zahlen auf (andere Großstädte 5,3 Prozent, Bund 4,8 Prozent). Weil Raub und räuberische Erpressung in der polizeilichen Kriminalstatistik unter dem Begriff Gewaltkriminalität erfaßt werden, verfuhr auch die Studie nach dieser Zuordnung. Dieser Tatsache ist es maßgeblich geschuldet, daß die Studie berichten kann, daß die Opferrate bei „Gewaltübergriffen“ in anderen Großstädten mit 17,9 Prozent „genauso hoch wie die Rate in Berlin“ liege (Bund 16,8 Prozent).

Das Institut wollte von den Befragten auch wissen, welche Delikte sie selbst begingen, wobei sich starke Abweichungen zu den Opferraten zeigen. 19,3 Prozent der Befragten in Berlin haben in den vergangenen zwölf Monaten eine Gewalttat begangen (Großstädte 23,2 Prozent, Bund 21,4 Prozent). Unterdurchschnittlich sind die Zahlen der einzelnen Delikte etwa bei Fahrzeugdiebstahl (Berlin 4,4 Prozent, Großstädte 7,2 Prozent, Bund 6,1 Prozent), Körperverletzung (Berlin 17,3 Prozent, Großstädte 21,2 Prozent, Bund 19,1 Prozent) oder Drogenhandel (Berlin 4,3 Prozent, Großstädte 6,3 Prozent, Bund 5,0 Prozent). Laut Dirk Baier vom Kriminologischen Forschungsinstitut sei zudem nicht erkennbar, daß die Jugendgewalt in Berlin „besonders brutal“ ausgeführt werde. Dies macht das Institut daran fest, daß die Zahl der Taten, die eine ärztliche Behandlung erforderlich machten, in Berlin leicht unterdurchschnittlich sei. Die Widersprüche zwischen polizeilicher Statistik und Studie sind indessen nicht durch die Anzeigebereitschaft in Berlin zu erklären: 27,2 Prozent der Befragten zeigten das entsprechende Delikt an, womit Berlin unter dem Durchschnitt der Großstädte liegt (28 Prozent, Bund 24 Prozent). Unterdurchschnittlich ist die Anzeigebereitschaft auch bei Körperverletzung (Berlin 18,4 Prozent, Großstädte 22,9 Prozent, Bund 18,9 Prozent) und schwerer Körperverletzung (Berlin 31,3 Prozent, Großstädte 40 Prozent, Bund 36,8 Prozent).

Als Risikofaktoren untersuchte die Studie Gewalt in der Familie, Schulschwänzen oder den Konsum von Gewaltfilmen und -spielen, Cannabis und Alkohol. Laut dem Leiter des Instituts, Christian Pfeiffer, gibt es einen „Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Gewaltverhalten“. „Daß diese Droge friedlich wäre, können wir ganz und gar nicht bestätigen“, sagte Pfeiffer und sprach von einer „Verharmlosungstendenz“. Verbesserungsbedarf für Berlin sah Pfeiffer auch in stärkeren Maßnahmen gegen das Schulschwänzen. 15,3 Prozent der Befragten hatten im vergangenen Schulhalbjahr fünf Tage oder länger geschwänzt (Großstädte 16,7 Prozent, Bund 12,1 Prozent).

Für Zwischenrufe und Aufsehen im Saal sorgte Baier mit den Zahlen zum Thema „Religiösität und Gewalt“. Baier erläuterte, „daß der christliche Glaube vor Gewaltverhalten schützt“, was allerdings „keine neue Erkenntnis“ sei. Muslimische Religion hingegen fördere das Gewaltverhalten, wobei der Zusammenhang jedoch „vor allem durch die Männlichkeitskonzepte“ in Teilen des Islams vermittelt werde.

Zum ersten Mal in Deutschland maß Pfeiffers Institut neben Rechtsextremismus auch linksextreme Einstellungen von Berliner Schülern. Beides bereite jedoch „derzeit keine übermäßigen Probleme“. Nach der Studie sind 2,3 Prozent der Befragten linksextrem und weitere 13,7 Prozent „eher linksextrem“, rechtsextrem sind je nach Auslegung ein bis 1,6 Prozent. Bemerkenswert erscheint, wie schnell die Autoren der Studie Schüler zu Linksextremisten erklären. Als „linksextreme Einstellungen“ gelten der Studie nach bereits Aussagen wie „Heutzutage werden die Menschen von den Reichen und Mächtigen ausgebeutet“, „Rechte Parteien und Kameradschaften sollten verboten werden“ oder „Die Polizei macht uns das Leben schwerer, anstatt uns zu helfen“. Solch vorschnelle Kategorisierungen auf dermaßen brüchigen Grundlagen waren bislang nur bei Studien über Rechtsextremismus bekannt.

Die Studie kann im Internet abgerufen werden unter  www.kfn.de

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