© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/11 / 21. Oktober 2011

Rheinischer Geist in Umzugskisten
CDU/CSU: Eine Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung versuchte das drohende Ende der christdemokratischen Volksparteien abzuwenden
Ansgar Lange

Für ihre Tagung über die „Zukunft der christlich-demokratischen Volksparteien“ hatte sich die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) ausgerechnet das „Haus Erholung“ in Mönchengladbach ausgesucht. Spötter könnten einwenden, daß angesichts der zahlreichen Abgesänge auf die „großen“ Volksparteien eine Erholung auch dringend not tut. Politiker und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland versuchten in der vergangenen Woche, den Beweis anzutreten, daß mit dem baldigen Ende der Volksparteien nicht zu rechnen sei.

In seiner Einführung gab Peter Altmaier den etwas gravitätisch auftretenden rheinisch-katholischen Politiker der alten Bundesrepublik. Die Europabegeisterung quoll dem Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag aus allen Poren, und neben dem häufigen Verweis auf die „Säulenheiligen“ Konrad Adenauer und Helmut Kohl durfte auch der Hinweis auf die gute Europäerin Angela Merkel nicht fehlen. Die CDU, so Altmaier, stehe vor drei Aufgaben: Sie müsse offensiv für den Euro werben und nationale Egoismen hintanstellen. Sie müsse die Soziale Marktwirtschaft im globalen Maßstab durchsetzen. Und sie müsse sich dem internationalen Umweltschutz widmen.

Altmaier betonte, daß die Geburt der deutschen Christdemokratie im Rheinland den Blick nach Europa geöffnet habe. Diesen rheinischen Geist habe man auch in Umzugskisten nach Berlin getragen. Daß die einladende Konrad-Adenauer-Stiftung zur Zeit mit dem geplanten Verkauf ihres traditionsreichen Bildungszentrums Schloß Eichholz in der Nähe von Köln und der Stiftungsimmobilie in Sankt Augustin diese rheinischen Wurzeln ziemlich brutal abschlägt, vergaß er – vielleicht aus Takt vor den Einladenden – zu erwähnen. Es wäre interessant zu erfahren, ob die Basis tatsächlich so unverdrossen wie die Parteiführung von den „Vereinigten Staaten von Europa“ träumt.

Peter Schallenberg von der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle in Mönchengladbach mußte wegen eines wartenden Fliegers nach Rom in aller Kürze beschreiben, was das C in der Christlichen Demokratie bedeute. Die Frage, wie christlicher Glaube in Parteipolitik umzumünzen sei, wollte er erst gar nicht beantworten. Doch sein Hinweis, daß der Lackmustest darin bestehe, wie man sich als Partei zur Frage des wehrlosen menschlichen Lebens am Beginn (Schwangerschaft, Geburt) und Ende (Sterben und Tod) verhalte, zeigt, daß hier in der CDU mittlerweile die Maßstäbe stark aufgeweicht wurden. Der Kompromiß zur Präimplantationsdiagnostik war nur das jüngste Beispiel.

Der Klubobmann der Österreichischen Volkspartei (ÖVP,) Karlheinz Kopf, sorgte für klare Kante in der Debatte. Momentan liege seine Partei in Umfragen zwar hinter der FPÖ, die bei rund 25 oder 26 Prozent in der Wählergunst liege. Aber wenn man zu sehr nach links rutsche und rot-grüne Leib-und-Magen-Themen kopiere, dann habe eine christdemokratische Partei davon gar keinen Vorteil. Das Schleifen konservativer Positionen führe nur dazu, daß sich die Stammwähler abwenden, während keine neuen „linken“ Wähler hinzukommen.

Armin Laschet, Fraktionsvize der CDU in Nordrhein-Westfalen und ehemaliger Integrationsminister, machte es mit seiner Rede über Menschen mit „Zuwanderungsgeschichte“, der Forderung nach mehr Europa und der Verteidigung der Gemeinschaftsschule in NRW, die seine Partei zuvor leidenschaftlich bekämpft hatte, den Zuhörern schwer, den christdemokratischen Markenkern herauszuhören. Zudem offenbarte er mit seiner scharfen Kritik an der slowakischen Haltung zum EU-Rettungsschirm ein zweifelhaftes Verständnis von Demokratie. Hier wäre ein Verweis auf den Altkanzler Kohl angebracht gewesen, der eine so arrogante Haltung gegenüber den „Kleinen“ in der EU sicher nicht zur Schau getragen hätte. Befriedigt stellte Laschet fest, daß anders als in den Niederlanden oder in Österreich Populismus gegen den Euro oder Europa in Deutschland keine Chance habe.

Zumindest in Deutschland, so war der Eindruck nach dem Auftritt Laschets, ist die Volkspartei mit dem C noch längst nicht über den Berg.

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