© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/11 / 14. Oktober 2011

Frisch gepresst

Ostpreußen. Hermann Pölkings 900 eng bedruckte Seiten zur Geschichte Ostpreußens wirken wie eine Neuauflage von Walter Kempowskis „Echolot“ – nur mit Autor. Hatte sich der Rostocker darauf beschränkt, die Zeit des Zweiten Weltkrieges mit einem tausendstimmigen Zitatenchor zu vergegenwärtigen, nimmt der Journalist Pölking den Leser an die Hand und geleitet ihn durch den Dschungel seiner Zitate sicher durch die „Biographie einer Provinz“. Er beweist dabei seltene Belesenheit, die auch heimatkundliches Kleinstschrifttum beachtet, ist mit der Landesforschung vertraut, strukturiert den Stoff übersichtlich, legt das Schwergewicht auf die Zeit zwischen 1871 und 1945. Daß Pölking politisch aus der linken Ecke stammt, ist deshalb erwähnenswert, da man in diesem Milieu gewöhnlich weder einer Empathie für Ostpreußen und seine Bewohner noch so staunenswerter Literaturkenntnis begegnet. Pölkings Epos ist die beste, lesbarste Gesamtdarstellung Ostpreußens, die uns nach 1945 geschenkt wurde. Ein dickes Buch, das zugleich ein großes Werk ist. (kn)

Hermann Pölking: Ostpreußen. Biographie einer Provinz. Bebraverlag, Berlin 2011, gebunden, 927 Seiten, Abbildungen, 29,95 Euro

 

Abergläubisch. Übersicht über die Hellsicht gibt Stephan Berndts Kompendium über die Einflüsse von Hellsehern auf die Mächtigen. Mag sein, daß dazu schon vieles gesagt ist, für einen raschen Überblick ist dieses kompakte Nachschlagewerk bestens geeignet. Denn übersichtlich gegliedert und vor allem sachlich präsentiert Berndt die wichtigsten übersinnlichen Einflüsterer der Macht von den Germanen bis heute. Daß Machtmenschen von Augustus bis Himmler solche hatten, ist bekannt. Weniger, daß auch Adenauer oder François Mitterrand ihre Dienste beanspruchten. Jedoch verflüchtigt sich offenbar der politische Einfluß der wundersamen Berater in der Gegenwart. So steckte etwa Ronald Reagans Astrologin Joan Quigley weder hinter dessen Star-Wars-Projekt noch der Granada-Invasion, sondern nur hinter dem Aufschub einer Darm-OP des US-Präsidenten. (mo)

Stephan Berndt: Hellseher und Astrologen im Dienste der Macht. Ares Verlag, Graz 2011, gebunden, 359 Seiten, Abbildungen, 24,90 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen