© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/11 / 14. Oktober 2011

Ostasiatische Sorgen
Euro-Krise: Japanische Zentralbank investiert Milliarden in Rettungsschirm EFSF / Hoher Yen-Kurs belastet Exportindustrie
Albrecht Rothacher

Das Land der aufgehenden Sonne ächzt nicht nur weiter unter den Folgen der Fukushima-Katastrophe. Zugleich wächst die Sorge, die seit zwei Jahren anhaltende Euro-Krise könne sich über eine europäische Bankenkrise zu einer neuen Weltwirtschaftskrise ausweiten. Die Börsenkurse an der Tokyo Stock Exchange (TSE) sind kürzlich auf ein Sechsmonatstief gerutscht.

Die Landeswährung Yen ist gegenüber dem Euro auf ein Zehnjahreshoch gestiegen. So sind derzeit für einen Euro nur noch knapp über einhundert Yen zu haben. Vor vier Jahren waren es noch 170 Yen gewesen. Zum Dollar ist die Aufwertung noch höher: Innerhalb von nur fünf Jahren fiel der Wechselkurs von über 120 auf nur noch knapp über 75 Yen. Das beflügelt deutsche und andere ausländische Exporteure, aber die japanische Exportindustrie, die eigentlich das Land aus der Stagnation führen und die Wiederaufbaukosten der Dreifachkatastrophe vom 11. März finanzieren sollte, stöhnt unter dem hohen Yen-Kurs, der die Exporte gegenüber der chinesischen und koreanischen Konkurrenz maßlos verteuert. Sehr diskret weitet Japans Industrie seine Fertigung im Ausland aus. Die Politik und die Regierung fürchten weitere Abwanderungen und den damit verbundenen Arbeitsplatzverlust.

Der Kauf von Euro-Anleihen ist ein lukratives Geschäft

Umgerechnet 450 Milliarden Euro hat die japanische Regierung bereits autorisiert, damit die Zentralbank den weiteren Anstieg des Yen-Kurses konterkariert. Für 2,7 Milliarden Euro haben die Japaner bereits Euro-Anleihen des von den 17 Regierungen der Euro-Zone garantierten Rettungsschirms EFSF gekauft. Weitere 1,1 Milliarden Euro sollen folgen. Damit haben sie gut ein Fünftel gezeichnet. Wohltätigkeit gegenüber den Euro-Rettern ist aber nicht das Hauptmotiv. Tatsächlich gelten jene mit „AAA“ bewerteten Anleihen als gut (da vom Steuerzahler) besichert und ordentlich verzinst. Ein lukratives Geschäft also, und wegen der nötigen Yen-Verkäufe ein willkommener Dämpfer für den hohen Yen-Kurs.

Tatsächlich sind die Japaner aber sehr unzufrieden mit dem chaotischen europäischen Krisenmanagement. Finanzminister Jun Azumi fordert öffentlich „mehr Transparenz“ in den EU-Rettungsinitiativen gegenüber Griechenland. Das konservative Massenblatt Yomiuri (Auflage zehn Millionen) kritisiert die mangelnden griechischen Sanierungsbemühungen. Das Mittelmeerland sei von EU-Subventionen abhängig geworden und vertraue darauf, daß die EU immer weiter zu Hilfe kommen würde. Die rechtsliberale Sankei (2,2 Millionen Auflage) hat Verständnis, daß die Bürger der anderen EU-Staaten wegen des aufgeblähten öffentlichen Sektors und der geringen Steuerehrlichkeit in Griechenland sich gegen weitere Zahlungen sträuben. Einig sind sich die japanische Presse und Öffentlichkeit jedoch, daß die Euro-Krise ein europäisches Problem ist, das sich die Europäer selbst eingebrockt haben und das sie selbst auslöffeln sollten. Ein Echo der immer lauter werdenden US-Kritik, die kürzlich auch von Barack Obama und Finanzminister Timothy Geithner hochoffiziell aus Wa­shington zu hören war.

Das japanische Wirtschaftsblatt Nikkei meint, europäische Banken müßten wegen der drohenden Weltkrise erneut rekapitalisiert werden, zumal Umschuldungen der Anleihen der EU-Südstaaten wohls unvermeidlich werden würden. Die Führer Europas müßten ihren Bürgern endlich reinen Wein einschenken und sie auf die unvermeidlichen Opfer vorbereiten, meint Japans führende Wirtschaftszeitung (Auflage drei Millionen).

 

Dr. Albrecht Rothacher ist Asienexperte. Sein neuestes Buch, „Demokratie und Herrschaft in Japan: Ein Machtkartell im Umbruch“, erschien 2010 im Iudicium-Verlag.

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