© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/11 / 07. Oktober 2011

Einwanderung in Ausbildungsplätze
Lehrlinge verzweifelt gesucht
Michael Paulwitz

An arbeitslosen Jugendlichen herrscht in Berlin und Brandenburg kein Mangel. An Nachwuchskräften für Handwerk, Industrie und Handel offenbar schon. 7.000 Lehrstellen blieben zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres unbesetzt. Die Gewerkschaften haben die Platte gewechselt – statt „Lehrstellenmangel“ und „Ausbildungsplatzabgabe“ skandieren sie jetzt gemeinsam mit Kammern und Arbeitgeberverbänden: „Bitte melden!“

Die verzweifelt gesuchten ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen sind allerdings wohl doch nicht da. Nicht nur im Nordosten, wo der Bevölkerungsrückgang die Schülerjahrgänge kontinuierlich schrumpfen läßt: Auch im erfolgsverwöhnten Oberbayern oder an Rhein und Sieg klagen die Kammern inzwischen über den „Azubi-Mangel“. Wenn es denn nur die schwindenden Alterskohorten der Deutschen wären. Ein Viertel der Schulabgänger sei gar nicht zur Ausbildung zu gebrauchen, klagen Handwerksverbände. Erziehungsdefizite, mangelnde Disziplin und Belastbarkeit der verwöhnten Sprößlinge lastet eine aktuelle DIHK-Umfrage den Eltern an, fehlende Sprach-, Lese-, Rechtschreib- und Rechenkenntnisse bei „sozial Schwachen“ und „Kindern mit Migrationshintergrund“ dem Bildungswesen.

Die Schulen können allerdings am wenigsten dafür, daß sie mit der Reparatur der Folgen falscher Einwanderungspolitik, die man bei ihnen abgeladen hat, überfordert sind. Aber das ist ein heißes Eisen, nichts für geschmeidige Lobbyisten. Während also in den Großstadtghettos die immer zahlreicher heranwachsenden sozial­alimentierten „Talente“ lieber auf der Straße die Zeit totschlagen und auf Hartz IV warten, statt sich auf den Hosenboden zu setzen oder die Hände schmutzig zu machen, während Bäcker und Metzger naserümpfende Jugendliche mit Prämien locken und Handwerksmeister widerwillig die Anforderungen senken und Nachhilfestunden halten, um überhaupt noch Lehrlinge zu bekommen, glauben ihre Verbandsfunktionäre unverdrossen an das Allheilmittel Einwanderung.

Vor drei Jahren trommelte der Zentralverband des Deutschen Handwerks, man solle endlich volle Freizügigkeit für osteuropäische Arbeitskräfte herstellen, weil die Betriebe dringend polnische und tschechische Lehrlinge bräuchten.

Jetzt sind die Hürden weg, aber die Umworbenen wollen nicht: Zu hoch die Sprachbarrieren, seit man auch in Osteuropa lieber Englisch als Deutsch lernt; zu gering das Lehrgeld, um im fremden Land neu anzufangen. Da hilft auch kein großspuriges EU-Projekt, das in Südthüringen in zwei Jahren ganze fünf Ausbildungsverträge vermitteln konnte. Macht nichts – dann wird jetzt eben in den Euro-Krisenländern Spanien und Griechenland weitergebaggert. Nützt alles nichts: Wer morgen Fachkräfte haben will, muß sie heute im eigenen Land heranziehen.

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