© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/11 / 07. Oktober 2011

Abfuhr für die Präsidentin
Bundeswehr: Im Streit um die Münchner Studentenzeitung „Campus“ ist Chefredakteur Martin Böcker in seinem Amt bestätigt worden
Henning Hoffgaard

Nein, es ist sicherlich kein Triumph“, sagt Martin Böcker nachdenklich. Vielmehr gelte es jetzt, die entstandenen Gräben zu schließen. In der vergangenen Woche hatte der studentische Konvent der Bundeswehruniversität München den Oberleutnant als Chefredakteur der Hochschulzeitung Campus bestätigt. Mit einer ziemlich deutlichen Mehrheit sogar. 16 der 23 anwesenden Konvents-Mitglieder hatten sich nach fast vierstündiger Diskussion für den Verbleib Böckers ausgesprochen. Vier stimmten gegen ihn, drei enthielten sich. Ob er mit diesem Ergebnis gerechnet habe? „Nein“, sagte der 30 Jahre alte Bundeswehrstudent der JUNGEN FREIHEIT, „ich hatte eher das Gefühl, daß es 50 zu 50 ausgeht.“

Vor zwei Monaten, als der Fall Böcker in den Medien hochkochte, deutete wenig darauf hin, daß der Chefredakteur seinen Posten behalten würde. Von einer Machtergreifung „rechter Aktivisten“ war in der Süddeutschen Zeitung die Rede. Die gesamte Campus-Redaktion sei böswillig unterwandert worden, vermutete der Bayerische Rundfunk. Selbst die Universitätspräsidentin, Merith Niehuss, meldete sich zu Wort und warnte vor einer angeblichen „Nähe zum Rechtsextremismus“ (JF 30/11).

Besonders eine Werbeanzeige des Instituts für Staatspolitik (IfS ) für die Studie „Die Frau als Soldat“ erregte den Zorn von Niehuss. Diese Affinität zur „Neuen Rechten“ könne an der Hochschule nicht hingenommen werden, ließ Niehuss wissen. Unter anderem wegen dieser Äußerungen hatte der ehemalige Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Carl-Dieter Spranger (CSU), eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Universitätspräsidentin
erhoben. Das Verteidigungsministerium konnte allerdings keine Dienstpflichtverletzung feststellen.

Gegenüber der Süddeutschen Zeitung gab die Präsidentin später an, sie würde alles genauso wieder machen. „Diesen Triumph wollen wir den Rechten nicht gönnen, zumal in der Bundeswehr.“ Am Tag der Konventsentscheidung klingt das etwas anders. Böcker und seine Redaktion ständen selbstverständlich auf dem Boden des Grundgesetzes, läßt sie wissen. Ihr sei es allein um ihre Studenten gegangen, die sie ja nach außen „verkaufen“ müsse. Deswegen sei sie etwa auch gegen Burschenschaften vorgegangen.

Auch sonst macht Niehuss aus ihren politischen Ansichten keinen Hehl. So war sie unter anderem als Autorin für das Neue Deutschland tätig und veröffentlicht weniger zu militärischen als vielmehr zu Themen der „Gender-Forschung“. Über großen Rückhalt scheint die Präsidentin unter den Studenten nicht zu verfügen. In einer Internetpetition forderten innerhalb weniger Stunden 500 der etwa 3.500 Bundeswehrstudenten den Rücktritt der Präsidentin. Einen Tag später ist das Schreiben aus dem Internet wieder verschwunden. Zum Ergebnis der Abstimmung im Studentischen Konvent sagt Niehuss lakonisch: „Ich akzeptiere die Entscheidung.“

Etwas wortreicher exponierte sich der bayerische SPD-Landtagsabgeordnete Paul Gratzer. „Ich glaube, die wissen nicht, wie sie dem Ansehen der Bundeswehr geschadet haben“, kommentiert er das Abstimmungsergebnis. „Wer Chefredakteur einer solchen Zeitschrift ist, darf nicht einmal den Anschein erwecken, daß er rechtsextremistische Tendenzen hat.“ Bereits kurz nach der ersten Campus-Aushabe hatte sich Gratzer zu Wort gemeldet und das Verteidigungsministerium aufgefordert, gegen den Oberleutnant vorzugehen, auch weil er regelmäßig für die JF und das IfS schreibt. „In meinem Ansehen ist er deswegen nicht gerade gestiegen“, sagt Böcker diplomatisch. Selbstkritisch fügt er an, daß er im nachhinein einiges anders machen würde. Die IfS-Anzeige würde er wohl nicht noch einmal drucken. „Nicht weil es falsch war, ganz im Gegenteil.“ Sie habe jedoch zu sehr vom eigentlichen Thema abgelenkt, stellt der Offizier klar.

Spurlos ist die Debatte jedenfalls nicht an Böcker vorbeigegangen. Besonders der starke Zuspruch von Mitstudenten, Freunden und der Familie habe ihm Kraft gegeben. Und wie geht es jetzt weiter? Derzeit plane die Redaktion bereits die Themen der nächsten Campus-Ausgabe. Nur eines steht schon jetzt fest: Weniger kontrovers soll es nicht werden, verspricht Böcker. www.campus-unibw.de

Foto: Bundeswehrstudent Martin Böcker, Universitätspräsidentin Merith Niehuss: Angebliche „Nähe zum Rechtsextremismus“

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