© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/11 / 07. Oktober 2011

Malika Sorel ist Frankreichs Necla Kelek, jedoch viel offensiver als bei uns vorstellbar
Die Unerbittliche
Friedrich-Thorsten Müller

Frankreich hat mit Manuel Valls seinen Sarrazin (JF 40/11) und nun auch seine Necla Kelek: Malika Sorel. Eher müßte es aber heißen, Deutschland hat eine kleine Malika Sorel. Denn während Nekla Kelek mit dem Thema „Emanzipation muslimischer Einwandererfrauen“ eher mit Kleingeld hantiert, nimmt Sorel große Scheine in die Hand.

Die Tochter algerischer Einwanderer, die es vorzieht, Alter und Privates vor der Öffentlichkeit zu verbergen, fordert in einer Radikalität, die man sonst nur vom Front National kennt, nicht weniger als die Assimilierung immigrierter Araber und Afrikaner. Als glühende Patriotin der Republik, klagt die Schriftstellerin und Soziologin, Absolventin der Pariser Elite-Uni Sciences Po und Mitglied der Ehrenlegion, die Eliten an, anti-republikanisch zu sein und einen Bevölkerungsaustausch zuzulassen.

Dies ist besonders starker Tobak, wenn man bedenkt, daß sie 2009 von Präsident Sarkozy in den „Hohen Rat der Integration“ berufen wurde. Man stelle sich solche Töne in der deutschen Islam-Konferenz vor, die dem Hohen Rat etwa vergleichbar ist.

Nun hat Sorel in Frankreich ihr 288 Seiten starkes Buch „Einwanderung, Integration. Die Sprache der Wahrheit“ veröffentlicht. Der Band hat es in sich und kletterte im ersten Monat bei Amazon immerhin auf Platz 39 der meistverkauften politischen Bücher. Sorel räumt darin mit dem Vorurteil auf, die Franzosen würden die Einwanderer diskriminieren. Vielmehr gäbe es eine selbstverschuldete Benachteiligung besonders der eingewanderten Muslime, die sich einfach weigerten, in ihren Köpfen die „Software“ der Franzosen zu übernehmen, schließlich sei das die Grundlage des Erfolgs in der französischen Gesellschaft. Dauerhaften Parallelgesellschaften erteilt Sorel eine strenge Absage, da diese den Lebensstil der Franzosen durch ihre Sitten und durch Kriminalität massiv bedrohten. Was die „eingeborenen Franzosen“ wünschen und erwarten, das müsse im Mittelpunkt aller Einwanderungsdiskussionen stehen, so Sorel. Und nur wer wie die Franzosen „ticke“, könne als Teil ihrer „Schicksalsgemeinschaft“ angenommen werden.

Der von französischen Arbeitgebern geforderten Forcierung der Einwanderung erteilt sie eine klare Absage, denn diese sei Verrat an den im Land lebenden Menschen mit Migrationshintergrund, da deren Assimilierung so unmöglich gemacht würde. Der regelmäßige Familiennachzug anstelle von Mischehen mit Einheimischen ist ihr dabei ein besonderer Dorn im Auge.

Die Probleme der Einwanderungsgesellschaft treten in Frankreich wesentlich deutlicher zutage, als dies in Deutschland der Fall ist. Daß eine Autorin mit solchen Meinungsäußerungen aber in Frankreich beim renommieren Verlagshaus Fayard unterkommt und Interviewanfragen meinungsführender Medien bekommt, offenbart auch die deutlich weiter entwickelte Dialogkultur unserer Nachbarn.

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