© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/11 / 23. September 2011

Zeitliche Nähe
DuMont-Zeitungen veröffentlichen geklaute E-Mailnachrichten von PI-Gründer Stefan Herre / Linke fordern Überwachung
Ronald Gläser

In der vergangenen Woche feuerte die DuMont-Presse eine volle Breitseite auf die deutsche Islamkritikerszene ab: Die Titelgeschichte „Im Netz der Islamfeinde“ erschien leicht verändert in allen Tageszeitungen der Kölner Mediengruppe, Kölner Stadtanzeiger, Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau.

Diese faktenarme „Enthüllungsgeschichte“ dreht sich um die persönlichen E-Mails von Stefan Herre, dem Gründer der islamkritischen Netzseite „Politically Incorrect“ (pi-news.net). Herre und seinen Mitstreitern wird Rassismus und Volksverhetzung vorgeworfen („Netzwerk von Islamfeinden“). Überraschende Neuigkeiten gehen aus Herres E-Mails jedoch nicht hervor.

Interessanter ist die Geschichte hinter der „Story“: Wie sind die zwei Autoren an die E-Mails von Herre gekommen? Sie selbst sagen, diese seien ihnen „zugespielt“ worden. Die Daten wurden offenbar „gehackt“ – was eine Straftat ist. Herre vermutet, daß jemand von der Firma, die sein E-Mailkonto verwaltet, diese weitergegeben haben könnte. „Mein Paßwort war eine nicht zu knackende Buchstaben-Nummern-Kombination“, sagt er. PI-Autor „Frank Furter“ hingegen vermutet einen Verräter in den eigenen Reihen.

So oder so: Die zeitliche Nähe zur Berliner Abgeordnetenhauswahl zeigt, daß die Veröffentlichung nicht zufällig erfolgt ist, sondern Bestandteil einer Kampagne war. Sofort nach der Veröffentlichung wiederholten mehrere linke Politiker ihre Forderung nach einer Überwachung von PI und Co. durch den Verfassungsschutz.

Bislang sind solche Forderungen stets zurückgewiesen worden. Trotzdem nehmen Herre und Co. die Angelenheit nicht auf die leichte Schulter. Sie wissen, daß sie angreifbar sind – insbesondere durch die geplante Gründung von PI-Ortsgruppen. Bislang konnte PI als reine Netzseite die Presse- und Meinungsfreiheit für sich voll in Anspruch nehmen. Als Organisation wird PI das nicht mehr so uneingeschränkt können. Es könnte zum Beobachtungsobjekt für den Verfassungsschutz werden. Die Medienkampagne der DuMont-Zeitungen zielte offensichtlich darauf ab.

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