© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/11 / 23. September 2011

Supergau im Post-Atomzeitalter
RTL beschwört mit „Bermudadreieck Nordsee“ alte Ängste vor angeblich drohenden Umweltkatastrophen
Michael Limburg

Deutschland könnte aufatmen. Die Atomwende ist vollzogen. Schon bald gibt es keine Meiler mehr, die eine nukleare Bedrohung für unsere Heimat darstellen. Aber die Deutschen wären nicht die Deutschen, wenn sie sich nun nicht nach neuen Gefahren sehnten, die auf sie lauern. Am Sonntag befriedigt RTL mit einem Straßenfeger der besonderen Art das Bedürfnis der Deutschen nach Angst.

„Bermudadreieck Nordsee“ hat alles, was einen Krimi, auch einen Katastrophenfilm, ausmacht. Wenige Gute kämpfen gegen das Böse. Diese uralte Masche wurde nun in neue, zeitgeistgemäße Gewänder gesteckt.

Die Guten, das sind zum Beispiel die Bewohner einer winzigen Hallig. Natürlich darf Hannes Jaenicke nicht fehlen, der den schnittigen Piloten eines Rettungshubschraubers namens Tom Jaeger verkörpert. Da sind ferner die idealistischen Greenpeace-Aktivisten, die unter der Flagge „United Green“ segeln – beziehungsweise auf dem Motorschiff „Planet“ (wie sonst?) über die Weltmeere tuckern, um Gutes zu tun.

Die Bösen sind – na klar – die Großkonzerne wie die fiktive Firma „Global Senergy“ (Jahresgewinn 22 Milliarden Euro). Deren Chefin Claudia Schelking, (Gudrun Landgrebe) ist so eiskalt wie böse und will um des bloßen Profits willens in der Nordsee das schlimme CO2 mittels einer Bohrinsel „sequestrieren“ – das heißt unterseeisch einlagern. Ihr zur Hand gehen ein skrupelloser Marketingchef und seine tüchtige Assistentin Marie Niklas (Bettina Zimmermann). Mit von der Partie sind auch die einfachen Halligbewohner. Eine davon, die etwas spökenkiekerische Ex-Freundin des Helikopter-Piloten Jaeger, Hanna Wensen (Karoline Eichhorn), die ein Buch über das Hexenloch schreibt, eine Geschichte aus der Vergangenheit der Hallig, mit immer wieder spurlos verschwindenden Schiffen.

Der Film beginnt mit einer Familienszene auf einem hochseetüchtigen Katamaran, der von plötzlich aufsteigenden Gasblasen umringt sinkt. Die Familie, soweit nicht vorher schon erstickt, wird in den nassen Tod gerissen. Tom Jaeger startet sofort zur Rettungsaktion, findet aber keine Überreste des Schiffs und kämpft plötzlich selbst mit dem Gas, hustet, kann sich und seinen Heli mit letzter Kraft retten.

Später erfährt der Zuschauer, daß es aufsteigendes Methan gewesen sein muß, das in der Tiefe in riesigen Blasen lagert und gelegentlich an die Oberfläche blubbert.

Ob dieser Ausbruch nun schon durch den schweren Eingriff der Bohrinsel in die Natur verursacht wurde, bleibt zunächst offen. Interessant für den aufmerksamen Beobachter bleibt die Beobachtung, daß der Hubschrauber weiterfliegt, obwohl ihm durch das Methan der notwendige Sauerstoff genommen wurde. Die Menschen sterben, der Motor aber nicht. Dieses Drehbuch übertrumpft alle Naturgesetze.

Nun braut sich über lange, lange Zeit – der Film dauert ohne Werbung 138 Minuten – das Unheil zusammen. Marketingassistentin Niklas wird gefeuert, nachdem sie die Idee hatte, auf der Bohrinsel ein Freuden-Feuerwerk zur Ehre des Sequestrierungsstarts abzubrennen.

Niklas erscheint jedoch zu einem Besuch auf der Bohrinsel – natürlich noch vor dem Entzünden des Freudenfeuers. Dabei steckt ihr Sara (Josefine Pruß), zufälligerweise die Stieftochter von Tom Jaeger, einen USB-Stick zu, voll mit Daten über die Methanblasen. Sara ist Agentin von Green United – ihr Auftrag bestand darin, die üblen Machenschaften aufzudecken. Doch dabei ist sie aufgeflogen.

Es kommt zu einem fulminanten Höhepunkt, und am Ende sinken sich alle in die Arme. Eine Stimme sagt feierlich: „Menschen mußten sterben, weil wir den Profit und die Macht und die Gier über den Schutz der Natur stellen. Wir beuten die Erde rücksichtlos aus. Sie sollten nicht umsonst gestorben sein. Wir haben unsere Lektion gelernt. Wir wollen uns ändern.“

Amen.

Bermudadreieck Nordsee. Sonntag, 25. September, 20.15 Uhr, RTL www.rtl.de

 

Ungeliebte CO2-Verpressung

Klimaforscher und -skeptiker sind sich einig, daß die C02-Verpressung (auch Sequestrierung oder Abscheidung, engl. Carbon Dioxide Capture and Storage, kurz CCS) risikobehaftet ist. Die Bundesregierung fördert die neue Technik, um zu verhindern, daß das sogenannte Klimagas in die Atmosphäre gelangt, weil es angeblich die Erderwärmung fördert. So oder so wird sich die Einlagerung von Kohlendioxid (JF 25/11) in Kellern oder unter dem Meer in den nächsten Jahren zu einem Milliardengeschäft entwickeln. (rg)

Foto: Filmszene: Tom Jaeger rettet die Nordsee vor den gemeingefährlichen Großkonzernen

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