© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/11 / 09. September 2011

Zeitschriftenkritik: RWM Depesche
Zier des freien Mannes
Christian Vollradt

Eine blanke Waffe auf dem Zeitschriftentitel erregt heutzutage mehr Anstoß als ein blanker Busen. Vorbei die Zeiten, da eine Waffe als Zier des freien Mannes galt. Wer sich als Waffensammler „outet“, muß mindestens mit mißbilligenden Blicken seines Umfelds rechnen. Um so erstaunlicher, daß es noch ambitionierte Blattmacher gibt, die sich davon nicht schrecken lassen.

So legt Herausgeber und Chefredakteur Elmar Heinz mittlerweile die vierte Ausgabe der RWM Depesche vor (die Abkürzung steht für Recherchen zu Waffentechnik und Militärgeschichte). Schwerpunkt des aktuellen Heftes ist der (Zweite) Burenkrieg von 1899 bis 1902, einer der – zumindest hierzulande – weitgehend „vergessenen“ historischen Konflikte. Daß es sich dabei mitnichten nur um ein paar Scharmützel am Südzipfel Afrikas handelte, machen gleich mehrere Artikel deutlich. Zum einen hatte die Auseinandersetzung der Burenrepubliken mit der Kolonialmacht Großbritannien erhebliche Auswirkungen auf das Bündnisgefüge in Europa: Wäre das Deutsche Reich auf die Lockrufe aus London eingegangen, hätte die Geschichte des 20. Jahrhunderts wohl einen anderen Verlauf genommen.

Doch auch Strategie, Ausrüstung und Uniformierung der Kriegsparteien hatten ihren Einfluß auf das zeitgenössische Militär. Die Buren setzten auf eine Art Bürgerarmee aus berittenen Infanteristen, deren hervorragende Schießkünste die Briten bald das Fürchten lehrte. Auf eine einheitliche Uniform wurde weitgehend verzichtet, die Artillerie des Freistaats – befehligt von einem Deutschen – trug Pickelhauben. Bei den Briten setzte sich im Burenkrieg dagegen die Vereinheitlichung durch, fortan trugen fast alle Soldaten Khaki. Der typisch britische Drang, die regimentsspezifische Identität zu bekennen, wurde mit unterschiedlichen Aufnähern („Patches“) an Bluse und Kopfbedeckung gestillt. Mit der Eskalation in Materialschlacht und Grabenkrieg sowie der britischen Vorgehensweise, die Kriegshandlungen auch auf die Zivilbevölkerung auszudehnen, wurde manches, was Europa bald heimsuchen sollte, vorweggenommen. Abgerundet werden die historischen Ausführungen von einer lesenswerten Ortsbegehung auf dem Schlachtfeld von Magersfontein sowie einer übersichtlichen Zeitleiste.

Die RWM Depesche richtet sich in erster Linie an Fachkundige, an Sammler historischer Waffen oder Ordonnanzschützen. Dies unterstreicht auch der große Anteil von Artikeln zu speziellen Waffen aus verschiedenen Epochen sowie die Verweise auf Sammlungen, Auktionen oder Ausstellungen. Gerade die militärhistorischen Beiträge sind jedoch auch für interessierte Laien lesenswert. Wohltuend ist, daß die berüchtigten „zwölf Jahre“ als Epoche keine dominante Rolle im Blatt einnehmen, so wie überhaupt nicht die Spur von plumper Kriegsverherrlichung zu finden ist. Waffen werden als kulturgeschichtliches Phänomen wahrgenommen und entsprechend gewürdigt. Und zum Interesse an Militärgeschichte heißt es in einer Darstellung der Herausgeber: Der Mensch sei für Krieg und Frieden verantwortlich, „er muß in beiden Lagen leben und überleben“.

Kontakt: RWM-Bureau, Postfach 1453, 65334 Eltville, Telefon: 0 61 23 / 79 35 28  www.rwm-depesche.de

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