© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/11 / 02. September 2011

Mit Horrorschreien gegen die „neuen“ Nachbarn
Palästinensische Autonomiegebiete: Israel hat wenig Chancen, die Anerkennung Palästinas durch die UN zu stoppen / Aufrüstung der Sicherheitskräfte
Günther Deschner

Angesichts der ergebnislos gebliebenen direkten Verhandlungen mit Israel sind die Palästinenser entschlossen, mit einer einseitigen Erklärung ihren eigenen Staat zu proklamieren. Mittel zum Zweck soll die kommende Uno-Generalversammlung sein, die Mitte dieses Monats in New York beginnt. Dort wollen sie die internationale Anerkennung eines künftigen „unabhängigen Staates Palästina auf dem Gebiet der Westbank und des Gazastreifens mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt“ erreichen und die „Aufnahme in die Weltorganisation“ beantragen.

Bereits im Juli hatte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas seine „Botschafter“ in aller Welt über die möglichen Strategien informiert. Das Treffen fand in Istanbul statt, und Gastgeber war der türkische Premier Erdoğan, der in letzter Zeit auf Distanz zu Israel gegangen ist. Schon nach den ersten Ankündigungen hatte es sich abgezeichnet, daß es in der Vollversammlung zahlreiche Ja-Stimmen geben wird.

Die Arabische Liga, die den Plan unterstützt, hatte ihre 22 Mitglieder angehalten, Druck auf Sicherheitsrat und Generalversammlung der Uno auszuüben. Schon seit langem zeichnete sich ab, daß dieser Antrag ziemlich sicher eine Zweidrittelmehrheit erreichen würde.

Schon jetzt haben 118 Staaten ein souveränes Palästina anerkannt. Auch deswegen kommen der Palästinenserführung die jüngsten palästinensischen Anschläge aus dem Gaza-Streifen höchst ungelegen. Denn sie konterkarieren die Bemühungen der Fatah-Führung, die internationale Gemeinschaft davon zu überzeugen, daß Palästina „reif für die Staatsgründung“ ist.

Ein Scheitern des UN-Antrags hätte auch Folgen in den Palästinensergebieten, wo es laut Umfragen eine breite Unterstützung für die UN-Pläne gibt – und auch die Bereitschaft, im September in Massen zu demonstrieren.

Das Ergebnis der Abstimmung in der Uno-Generalversammlung, wenn es wirklich dazu kommt, scheint schon festzustehen. Nur sehr wenige Staaten würden gegen die palästinensische Initiative stimmen, berichtete Israels UN-Botschafter Ron Prosor in einem vertraulichen Bericht an das israelische Außenministerium, aus dem die liberale Zeitung Haaretz letzten Sonntag ausführlich zitiert. Nur die USA, Deutschland, Italien, Tschechien und die Niederlande würden gegen den Antrag auf Aufnahme Palästinas stimmen, der nun am 20. September vorgelegt werden soll.

„Israel hat keine Chance, die Anerkennung eines palästinensischen Staats zu stoppen!“ titelte das Blatt. 130 bis 140 der 193 UN-Mitglieder würden für die Anerkennung der Unabhängigkeit eines Palästinenserstaates stimmen. Allerdings muß nach der UN-Generalversammlung auch der Sicherheitsrat dem Beitritt jedes neuen Staates zustimmen. Die USA haben bereits angekündigt, ihr Veto dagegen einzulegen.

Dennoch reagiert die Netanjahu-Regierung äußerst nervös. Sie weiß, daß der Druck auf sie zunehmen wird, die für eine dauerhafte Zwei-Staaten-Lösung erforderlichen Abstriche von ihrer bisherigen Politik zu machen.

Aus einem internen Polizei-Informationsbrief, der AP zugespielt wurde, geht hervor, daß man sich auf alle Fälle auf Massendemonstrationen an den Grenzen der besetzten Palästinensergebiete einrichtet: Die Einheiten der Bereitschaftspolizei wurden bereits um das doppelte aufgestockt. Auch die Ausrüstung zur „Mob Control“ mit nichttödlichen Waffen wurde eilends verbessert: Wasserwerfer, Tränengaskanonen, Kanister mit „Skunk“, einer extrem stinkenden Flüssigkeit, „Horrorschrei-Generatoren“ wurden importiert – und nicht zu vergessen 30 demoerfahrene belgische Kaltblüter, auf deren Rücken die Polizeioffiziere ihre unblutig bleiben sollenden Aktionen dirigieren sollen.

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