© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/11 / 26. August 2011

Milliardenkosten durch gemeinsame EU-Schuldenaufnahme
Trojanische Euro-Bonds
Bernd-Thomas Ramb

Apfelernte. Die besten Exemplare, Handelsklasse I, kommen in einen besonderen Korb. Die heruntergefallenen, fleckigen in den zweiten und die angefaulten, wurmstichigen in den Kasten für die Sekundärverwertung. Wer käme auf die Idee, die Abfallware mit den besseren oder gar besten zusammenzuschütten, um sie gemeinsam zu vermarkten? Die Euro-Retter! Nichts anderes bedeutet ihr Vorhaben, Euro-Bonds zur Finanzierung der kreditunwürdigen Euro-Randstaaten einzuführen.

Für immer mehr Produkte schreibt die EU genaue Gütemerkmale vor, ausgerechnet bei den Schuldverschreibungen der Euro-Länder soll dagegen der Qualitätsanspruch gezielt verwässert werden. Vorwandige Begründung: Die Bonität der südlichen Problemstaaten ist derart gesunken, daß diese Länder isoliert keine Gläubiger mehr finden, ein Kreditnehmerverbund aus Ländern wie Deutschland und Griechenland dagegen schon. Die Marktregeln besagen jedoch: Griechenland kann durchaus neue Gläubiger auf dem freien Kreditmarkt gewinnen, allerdings nur bei einer entsprechend hohen Verzinsung seiner Staatsanleihen.

Der hohe Zinssatz müßte keinesfalls von Dauer sein. Je nach Solidität seiner staatlichen Haushaltsführung käme das Vertrauen in die Bonität Griechenlands nach einer Weile zurück. Die Risikoverzinsung würde wieder sinken. Die Verhinderung der Marktdisziplinierung verstärkt dagegen das Mißtrauen in die wirtschaftliche Zukunft. Da helfen auch keine Sparvorschriften oder Privatisierungsverordnungen der Euro-Gruppe. Nichts ist erzieherisch wirkungsvoller als die freien Kräfte des Marktes. Die Herabwürdigung der deutschen Bonität durch die gemeinsame Kreditaufnahme mit Staaten wie Griechenland ist zudem die ineffizienteste Hilfestellung aller möglichen. Sie wird Deutschland laut Ifo-Institut mindestens 20 Milliarden Euro jährlich kosten. Wirksamer wäre es, wenn ein Teil dieses Geldes an Griechenland direkt überwiesen würde – als Zinsbeihilfe. Die EU ist doch die Paradeinstitution für Beihilfen wie Strukturausgleichszahlungen oder Agrarsubventionen. Warum nicht noch einen Zinskostenfonds? Das wäre zwar immer noch schlimm, aber wenigstens EU-konform und nicht maximal verschwenderisch.

So aber entsteht der böse Verdacht, daß hinter dem Vorhaben der Euro-Bonds mehr steckt. Die neue EU-Schuldenverwaltung wird sich zwangsläufig in die Haushaltsplanung der Teilnehmerländer einmischen. Nach der bereits beschlossenen Installierung einer „Wirtschaftsregierung“ kommt als nächstes eine „Finanzregierung“. Dann fehlt nur noch die EU-zentrale „Sozialausgabenregierung“ und die Entmachtung des Deutschen Bundestages ist vollzogen. Die Euro-Bonds leiten nicht nur das Verfaulen des gemeinsamen Korbs an Staatsanleihen ein, sondern als trojanischer Virus auch den nationalen Systemabsturz.

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