© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/11 / 26. August 2011

Udo Pastörs geht den „deutschen Weg“
Landtagswahl: Die NPD in Mecklenburg-Vorpommern muß trotz der Aussöhnung mit der Bundespartei um den Wiedereinzug in das Schweriner Schloß bangen
Henning Hoffgaard

Das Wahljahr 2011 verlief für die NPD bisher alles andere als erfolgreich. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erreichte die Partei mit knapp einem Prozent gerade einmal die Wahlkampfkostenerstattung. In Hamburg gelang nicht einmal das. Besonders das knappe Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde in Sachsen-Anhalt dürfte für Ernüchterung gesorgt haben. Sollte nun auch am 4. September der Wiedereinzug in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern mißlingen, dürfte das Ziel einer dauerhaften Etablierung in Mitteldeutschland in weite Ferne rücken.

Mit 7,3 Prozent und sechs Abgeordneten war die NPD 2006 in das Schweriner-Landesparlament eingezogen. Umfragen sehen sie derzeit noch bei etwa vier Prozent. Dabei sind die Rahmenbedingungen für einen NPD-Wahlerfolg denkbar günstig: Mecklenburg-Vorpommern hat kaum vom Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre profitieren können. Die Arbeitslosigkeit liegt mit 11,9 Prozent weit über dem deutschen Durchschnitt, das Werftensterben konnte nicht gestoppt werden und auch die Kriminalität an der polnischen Grenze ist deutlich angestiegen.

Spitzenkandidat Udo Pastörs gibt sich deswegen überzeugt, daß der Wiedereinzug gelingen wird. Besonders mit sozialen Themen habe sich die NPD in den vergangenen fünf Jahren profilieren können, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. In die Schlagzeilen schaffte es die Fraktion zumeist allerdings nur mit Skandalen, Provokationen und Gerichtsverfahren. So wurde Fraktionschef Pastörs wegen Volksverhetzung verurteilt, nachdem er nach Überzeugung des Gerichts von Deutschland als „Judenrepublik“ gesprochen hatte. Vom eigentlichen Wahlziel hat sich die Partei bereits verabschiedet. Statt den zuerst ausgegebenen 8 Prozent sollen nun 6,5 Prozent erreicht werden. Als Spitzenkandidat fühle er sich aber auch mit fünf Prozent bestätigt, sagt Pastörs. Damit zumindest die geschafft werden, will der Landesverband den Wahlkampf in den nächsten Wochen noch einmal deutlich verschärfen. Vor allem mit Sozial- und Ausländerthemen sollen die Wähler mobilisiert werden. Mehr als 200.000 Euro will die Partei in den Wahlkampf investieren. Fraglich war bisher, ob und in welchem Maße die Bundespartei den Wahlkampf unterstützen wird.

Das Verhältnis von Pastörs und NPD-Chef Udo Voigt gilt spätestens seit dem Bundesparteitag 2009 als zerrüttet. Damals war Pastörs in einer Kampfabstimmung um den Bundesvorsitz Voigt deutlich unterlegen. Von einer „ordentlichen geschäftlichen“ Beziehung spricht Pastörs und spart dennoch nicht mit Kritik. Das Wahlergebnis in Sachsen-Anhalt sei von der Bundespartei falsch verkauft worden. Zudem hätte die NPD die eine oder andere Stimme mehr erhalten können, wenn sie sich anders verhalten hätte. Voigt selbst sagt der JF, man habe sich ausgesprochen und arbeite nun „konstruktiv“ zusammen. Die Bundespartei unterstütze die Mecklenburger finanziell und mit „Dutzenden“ Wahlkampfhelfern. Wie auch immer das Ergebnis ausfällt, es dürfte den internen Richtungsstreit in der NPD nachhaltig beeinflussen. Während Pastörs ganz auf den radikalen „deutschen Weg“ setzt und dabei nicht vor Bündnissen mit gewaltbereiten Kameradschaften zurückschreckt und sich offen am Nationalsozialismus orientiert, versucht Voigt der Partei mit dem „sächsischen Weg“ eher einen bürgerlichen Anstrich zu geben.

Besonders finanziell dürfte Mecklenburg-Vorpommern zu einer Schicksalswahl werden. Seit Jahren plagt sich die NPD aufgrund falscher Rechenschaftsberichte mit immer neuen Millionenstrafen. Pastörs sprach deswegen bereits vor zwei Jahren von einer „existentiellen Krise“. Ohne die sprudelnden Fraktionsgelder verliert die Partei ein wichtiges Standbein. Zwar verfügt der Landesverband über etwa 400 Mitglieder und 62 regionale Mandate, dennoch dürfte die politische Arbeit dann schwieriger werden.

Zudem gelang es der linksextremen Szene in den vergangenen Jahren immer wieder, erfolgreich gegen die NPD zu mobilisieren. „Überall im Land verschwindet die NPD-Wahlpropaganda“, heißt es auf der Internetseite „Indymedia“. Erst Anfang August wurde der Landtagsabgeordnete Raimund Borrmann von Linksextremisten überfallen und verletzt. Selbst Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) sprach von Mecklenburg-Vorpommern als „Aufmarschgebiet der Rechtsextremisten“. Ein wenig schmeichelhaftes Urteil über sein eigenes Bundesland. Ob der NPD der Wiedereinzug gelingt, wird davon abhängen, ob sie es schafft, ihr Protestwählermilieu zu mobilisieren.

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