© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/11 / 19. August 2011

Aufgeschnappt
Privilegien und Diskriminierungen
Matthias Bäkermann

Im Land von Samba und Zuckerhut hat fast jede gesellschaftliche Gruppe einen speziellen Tag im Jahr, der dann mit großem Pomp gefeiert wird. Einen Tag der „vorkolonialen Brasilianer“, einen für Kaufleute, für Hochschullehrer, für Farbige gibt es gar zwei. Sogar Marihuana-Konsumenten dürfen ihre Vorliebe mit einem urbanen Marsch bekunden. Seit fünfzehn Jahren tummeln sich Ende Juni natürlich auch Homosexuelle auf den Straßen São Paulos, mittlerweile ist ihre Christopher-Street-Day-Parade mit über einer Million Teilnehmern eine der größten der Welt.

Der rechtsliberale Stadtverordnete Carlos Apolinário hatte deshalb die Idee, wenigstens in seiner Heimatmetropole São Paulo auch einen „Hetero Pride Day“ einzuführen, um auch diese Gruppe in den Genuß der „speziellen Privilegien“ zu setzen. Laut der österreichischen Agentur APA konnte Apolinário davon auch eine Mehrheit im Stadtparlament überzeugen. Doch vergangenen Montag kündigte São Paulos Bürgermeister Gilberto Kassab an, die Eingabe seines Parteikollegen zu blockieren: „Der Vergleich mit der Gay-Parade ist unangebracht“, so Kassab, schließlich litten Heterosexuelle nicht unter Diskriminierungen. Außer auf Apolinário, der seit seinem Antrag Opfer einer breit angelegten öffentlichen Schmähkampagne von Homolobbyisten ist und dessen Internetseite gehackt wurde, trifft das wohl auch zu.

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