© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/11 / 19. August 2011

„Dann haben wir London auch hier“
Interview: Der Publizist Udo Ulfkotte warnte bereits im Jahr 2009 vor sozialen und ethnischen Unruhen in Deutschland
(JF)

Angesichts der Unruhen in britischen Städten liegt die Frage nahe: Wie wahrscheinlich sind ähnliche Vorgänge in Deutschland?

Ulfkotte: Sie sind unausweichlich, aber nicht heute und morgen. Linke Chaoten zünden ja schon seit Monaten in unseren Ballungsgebieten Fahrzeuge an und hoffen auf eine ähnliche Entwicklung wie jetzt in London. Sie haben dazu aufgerufen, daß auch in Deutschland Großstädte wie Berlin brennen sollten. Doch die Resonanz darauf ist verschwindend gering. Solange in Deutschland der Wohlfahrtsstaat noch funktioniert, bleibt der Knall aus. Der kommt hier erst dann, wenn die Regierung erklären muß, daß die Euro-Zone auseinanderbricht, die Sparguthaben der Bürger in weiten Teilen vernichtet sind und der Sozialstaat bis auf die Grundmauern eingerissen werden muß, weil die Kassen leer sind. Dann geht’s hier rund. Vorher nicht.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wiegelt ab: Zwar sei auch hierzulande das Potential vorhanden, aber es gebe keine vergleichbaren sozialen Spannungen wie in England.

Ulfkotte: Wenn Jugendarbeitslosigkeit tatsächlich ein Hauptgrund für Unruhen und Plünderungen wäre, müßten Madrid und Barcelona schon seit einem Jahr rund um die Uhr brennen. Dort gibt es jedoch nur Demonstrationen, die weitgehend friedlich sind. Es ist eine Kombination aus Wertegefüge, Normen und Intelligenzquotient von Bevölkerungsgruppen, die bestimmt, wie sich die Unzufriedenen verhalten.

Sie haben in Ihrem Buch „Vorsicht Bürgerkrieg“ vor der Eskalation sozialer und ethnischer Konflikte gewarnt. Warum hat es noch nicht „geknallt“? Werden die Spannungen mit Geld zugekleistert, wie der Chef der Polizeigewerkschaft mutmaßt?

Ulfkotte: Jedes Buch, das ich schreibe, schaut etwa fünf Jahre in die Zukunft. Als ich 2006 „Grenzenlos kriminell“ zur EU-Osterweiterung und den Grenzöffnungen geschrieben habe, da haben mich alle für einen verrückten Spinner erklärt. So ist es leider immer, seitdem ich Sachbücher mit nüchternen Prognosen zur inneren Sicherheit verfasse. Solange man die ganzen Probleme noch mit geliehenem Geld zudecken kann, wird es vordergründig ruhig bleiben. Aber es dauert keine drei Jahre mehr, dann haben wir London auch hier in unseren Ballungsgebieten.

Welche Konsequenzen muß der deutsche Staat, müssen die Bürger hier aus den englischen Vorkommnissen ziehen?

Ulfkotte: Wir können an der Entwicklung nichts mehr ändern. Entspannen Sie sich also. Man kann sich als Bürger nur noch persönlich auf den kommenden Crash vorbereiten. Auf dem Land wird es ganz entspannt ablaufen, in den Städten wird es ein Überlebenskampf. Man muß wissen, daß der Sozialstaat am Ende ist: Nichts ist mehr sicher, weder die Rente, noch die betriebliche Altersversorgung, noch die Lebensversicherung und schon gar nicht die Sozialhilfe. Das System in seiner bisherigen Form wird zusammenbrechen. Das weiß auch die Bundeskanzlerin. Mit jeder neuen Euro-Bürgschaft kauft sie sich nur noch ein paar Monate Zeit.

 

Dr. Udo Ulfkotte ist Politologe und Publizist. 2009 erschien im Kopp-Verlag sein Buch „Vorsicht Bürgerkrieg! Was lange gärt, wird endlich Wut“ (24,95 €)

 

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