© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/11 / 12. August 2011

Denkmalstürze zum 300. Geburtstag: Preußen unter dem Alten Fritz
Alles andere als eine moderne Ökonomie
(ob)

Der im Januar 2012 anstehende 300. Geburtstag des „Alten Fritz“ wirft seine Schatten voraus. Vor allem Denkmalstürzer sehen sich wieder herausgefordert. Als einer der ersten tritt der Leipziger Wirtschaftshistoriker Philipp R. Rössner mit der Behauptung auf den Plan: Das friderizianische Preußen sei mit Sicherheit keine „moderne Ökonomie“ gewesen (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 2-2011). Friedrich II. als ein seit 1763 vom unermüdlichen Aufbauwillen beseelter innerer Kolonisator, der an Oder und Netze kultiviert und siedelt, der Monarch, der Manufakturen errichtet, in Schlesien die Frühindustrialisierung anschiebt und Fachkräfte ins Land holt – dies sind nach Rössner nur Elemente der preußischen Legende. Tatsächlich hätten sich die „technologischen Parameter der Wirtschaft“ bis zu Friedrichs Tod 1786 nicht verändert. Bis dahin lebten 90 Prozent seiner stetig wachsenden Untertanenschar von der Landwirtschaft. Ihre Arbeitsleistung sicherte knapp ihre Existenz, ließ kaum etwas für den Konsum übrig. Ein höherer Ausgabenspielraum wäre aber Bedingung für marktwirtschaftliche Dynamik, soziale Mobilität und technische Innovation gewesen, die in Preußen fehlten. Im Vergleich mit England oder Holland sei Friedrichs Staat daher nicht als Land zu betrachten, „in welchem zu leben besonders erstrebenswert gewesen wäre“.

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