© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/11 / 12. August 2011

Annegret Kramp-Karrenbauer. Von der neuen Landesmutter an der Saar ist nichts zu erwarten.
Die Formschöne
Björn Schumacher

Am Mittwoch hat die Jamaika-Koalition im Saarland CDU-Landeschefin Annegret Kramp-Karrenbauer zur Nachfolgerin von Peter Müller gewählt. Müllers Vorliebe für Schwarz-Grün hat die Situation maßgerecht auf „AKK“ zugeschnitten. Denn mit konturenarmer Programmatik fernab konservativer Markenzeichen paßt die künftige Ministerpräsidentin ohne Bruchlinien in die Funktionärskaste der Merkel-CDU.

Die 1962 in Völklingen geborene Aufsteigerin studierte Rechts- und Politikwissenschaften, wurde CDU-Funktionärin, ist inzwischen Mitglied im Bundespräsidium der Partei, war zuvor Innenministerin im ersten Kabinett ihres Förderers Peter Müller und übernahm 2009 das Ressort Arbeit, Familie, Soziales, Prävention und Sport. Ihr Streben gilt dabei einer „modernen Familienpolitik“; und zu befürchten ist, daß die neue Landesmutter sich zur willigen Helferin der um weitere Einflußsphären kämpfenden Islamlobby machen wird, zum Beispiel in Gestalt einer Gleichstellung islamischer Religionsgemeinschaften mit den christlichen Kirchen.

Begriffe wie „Zuwanderungsbegrenzung“ oder „deutsche Leitkultur“ bereichern Kramp-Karrenbauers Sprachschatz hingegen nicht. Ihre mit Integrationsrhetorik untermalten Attacken gegen Schein- und Zwangsehen bleiben ebenso folgenlos wie jener „interkulturelle Dialog“, der so lange dauern wird, bis es wegen des wachsenden muslimischen Bevölkerungsanteils nicht mehr viel zu integrieren gibt.

Ein Übermaß an Political Correctness lieferte Kramp-Karrenbauer im Herbst 2010, als sie manche von Thilo Sarrazins Thesen als „Gedankengut aus nationalsozialistischer Zeit“ geißelte. Damit „wird ein Bodensatz in der Gesellschaft bedient. Das macht mir Angst.“ Doch ihre aufwiegelnde Betroffenheitsprosa verhallte im Getöse der Islamdebatte und schadete AKK letztlich nicht. Zumal sie sich flugs in die milderen Redeformen der Kanzlerin flüchtete und Sarrazins Buch fortan lieber nur als „nicht hilfreich“ tadelte.

Der „Bodensatz“ könnte sich allerdings bei den Landtagswahlen 2014 rächen. Dann trifft die CDU im Verbund mit der blassen Saar-FDP und den vom wendigen Netzwerker Hubert Ulrich geführten Grünen auf ein Lager aus SPD und Linkspartei, das Reste des von Peter Müller entsorgten konservativen Tafelsilbers aufsammelt, Kohle und Stahl als Elemente saarländischer Identität beschwört und bei der bodenständigen Industriearbeiterschaft konkurrenzlos ist. SPD-Pragmatiker Heiko Maas wie auch Linkspartei-Idol Oskar Lafontaine, die sich mit Anti-Sarrazin-Bekenntnissen klugerweise zurückhalten, könnten bei der Landtagswahl weit über zwanzig Prozent der Stimmen holen.

Auf AKK dürfte dann die undankbare Aufgabe zukommen, die Konkursverwaltung zu übernehmen und die überflüssig gewordene CDU an der Saar abzuwickeln.

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