© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/11 29. Juli / 05. August 2011

Krieg der Computer
Richard Clarke warnt vor Angriffen aus dem Internet
Markus Brandstetter

Im April 2009 drangen Hacker in amerikanische Server ein und stahlen viele Terabytes an Informationen über die F-35, das amerikanische Jagdflugzeug des 21. Jahrhunderts, das den USA weltweit die Lufthoheit sichern soll. Hätten die Täter statt Daten bedrucktes Papier gestohlen, dann hätten sie zehnmal den kompletten Großen Brockhaus abtransportieren müssen und einen Lastwagen mit Gabelstapler gebraucht. Dieser Angriff hingegen dauerte ein paar Minuten, verlief laut- und gefahrlos und für die Angreifer vollkommen ungefährlich. Und obwohl eine Spur nach China führt, weiß bis heute niemand, wer dahintersteckt.

So etwas, sagt Richard Clarke, nennt man Cyber War (Internetkrieg), und dieser Krieg ist real, global, laserschnell und hat bereits begonnen. Die militärischen Großmächte des Internetkrieges sind Nordkorea, China, Rußland und der Iran. Die Nato-Staaten sind hier weit abgeschlagen. Chinesen, Nordkoreaner und Russen brechen regelmäßig in Computer und Netzwerke westlicher Länder ein, einmal bereits sogar in das deutsche Kanzleramt.

Das alles geht so einfach, weil alles – vom Drucker über das Großkraftwerk bis zum Flugzeugträger – heute durch Computer gesteuert wird, die alle über das Internet miteinander reden. Der ganze Datenaustausch läuft über fünf große Datenhauptleitungen, die jedem Hacker weit offen stehen. Das ist jedoch nur ein Vorgeschmack auf kommende Internetkriege, die beispielweise wie folgt aussehen könnten: Chinesische Militär-Hacker legen in einer ersten Angriffswelle die amerikanische Stromversorgung, die Computernetzte des Militärs und die Verkehrsinfrastruktur lahm, während konventionelle chinesische Truppen Taiwan besetzen.

Der Krieg im Netz ist ein großes Thema und Clarke, der als Sicherheitsberater von vier US-amerikanischen Präsidenten fungiert hat, beklagt vielleicht zu Recht, daß der Westen auf einen Cyberkrieg nicht vorbereitet ist. Clarkes Werk krankt dennoch daran, daß er es nicht vermag, auch nur eine seiner Behauptungen zu belegen. Lieber prahlt er statt dessen eitel und seitenlang von seinen Großtaten in Washington und macht nebenbei Werbung für seine Beraterfirma.

Richard A. Clarke, Robert A. Knake: World Wide War. Angriff aus dem Internet. Hoffmann und Campe, Hamburg 2011, gebunden, 352 Seiten, 22 Euro

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