© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/11 22. Juli 2011

Nicht jammern, zupacken
Bastian Behrens

Keine Frage: Die Lage der Konservativen ist in Deutschland nicht rosig. Die Linken und Linksliberalen haben ihren langen Marsch durch die Institutionen vollendet. Keine etablierte Partei, keine Universität, keine Redaktion, keine Verwaltung, die heute nicht von ihnen beeinflußt, häufig sogar dominiert wird. Konservative Werte und Strukturen schleifen sie dort gnadenlos. Was früher war und galt, gilt ihnen prinzipiell nichts.

Und sie fühlen sich ausgesprochen gut dabei. Sind sie doch unterwegs im Namen des Fortschritts, mit der historischen Mission, die Menschenrechte zu verbreiten, das Weltklima zu retten, Vielfalt, Gleichheit und Gerechtigkeit zu fördern. Jeder, der es wagt, die Mißstände linker Politik beim Namen zu nennen, der etwas anderes meint und politisch umsetzen will, der kann doch nur ein Nazi sein. Oder so was ähnliches. In jedem Fall muß er bekämpft werden. Publizistisch, politisch, auch gerne mal mit Gewalt. Dafür ist die staatlich finanzierte Antifa da.

Trotz alledem: Das ist alles kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. Kein Konservativer braucht auszuwandern. Der Durchmarsch der Linken ist kein unabwendbares historisches Schicksal, kein Naturgesetz oder gar gottgewollt. Sicher nicht. Unsere Gesellschaft ist menschengemacht und kann auch wieder anders gemacht werden. Die Linken haben ihren Zenit überschritten, zeigen massive Verfallserscheinungen. Ob Multikulti-Einwanderungspolitik, Sozialstaatsausbeutung, Bildungsexperimente, Gender Mainstreaming  – diese und viele andere Konzepte der Linken sind deutlich an der Wirklichkeit gescheitert. Sicher: Die Risse in den tragenden Säulen linker Politik lassen sich mit den Steuermilliarden der Deutschen noch notdürftig zuspachteln. Das geht aber nicht ewig. Und gut geht es schon lange nicht mehr.

Was ist nun zu tun? Typisch bürgerlich-konservative Milieus mit einer klaren politischen Ausrichtung befinden sich seit den 1970er Jahren in einem rasanten Auflösungsprozeß. Dieses Schicksal teilen die Konservativen mit den Linken: Auch deren traditionelle Arbeitermilieus haben sich weitgehend atomisiert. An ihre Stelle sind heute Stil-Milieus getreten, die nicht mehr selbstverständlich für eine politische Ausrichtung stehen. Diese schwer zu fassenden Milieus werden gesamtgesellschaftlich durch Risiko- und Gefährdungsdiskurse zusammengehalten. Sie bestimmen, wie sich der einzelne im Sinne des Ganzen verhalten soll. Vorteil der Linken: Sie haben alle wichtigen Positionen besetzt und prägen die Diskurse links bis liberal. So ist der Zeitgeist.

Das gute alte Bürgertum, das Deutschland im 19. Jahrhundert groß gemacht und nach dem Zweiten Weltkrieg wiederaufgebaut hat, wird so nicht wieder auf die Bühne treten. Einige Organisationen und Institutionen dieses Milieus sind aber noch vorzufinden: Studentenverbindungen, christliche Gemeinden, Traditionsvereine unterschiedlichster Art, Zeitungs- und Buchverlage, Familienunternehmen und die Vertriebenenverbände, um nur einige zu nennen. Nicht alle werden eine Zukunft haben, aber viele sind sehr vital. Hier muß genau hingeschaut und das erhalten werden, was aus konservativer Perspektive erhaltenswert ist. Auch Neues kann geschaffen werden: JUNGE FREIHEIT, Blaue Narzisse und Sezession sind Beispiele dafür, was Konservative publizistisch bewegen können. Studenten- und Schülerverbindungen haben wieder neu aufgemacht. Praktizierende christliche Gemeinden expandieren genauso wie die Lebensschützer.

Gute Beispiele für Organisationen, die Konservativen Gesicht und Stimmen geben. Hier gilt es, sich mit Herzblut zu engagieren. Denn hier werden die Grundlagen, das Vorfeld, für eine konservative Politik geschaffen. Jeden Tag aufs neue. In anderen europäischen Ländern funktioniert das sehr gut: In Österreich, Frankreich, Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz, Ungarn haben sich Rechtsparteien erfolgreich etablieren können. Sie schaffen es, Themen zu setzen und die Risiko- und Gefährdungsdiskurse ihres Landes mitzubestimmen, teilweise dominieren sie sogar die Agenda. Zweifellos sind die Konservativen in Deutschland davon – nach 40 Jahren Trommelfeuer der Linken – noch weit entfernt. Aber das ist kein Grund zum Aufgeben, sondern zum beherzten Zupacken.

 

Dr. Bastian Behrens, Jahrgang 1974, Soziologe und Ökonom, war als freier Journalist für verschiedene Regionalblätter tätig. Seit 2008 leitet er die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der  JUNGEN FREIHEIT und betreut Kommanditisten und Förderer.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen