© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/11 22. Juli 2011

Streßtest für einen Nachwuchsjournalisten
Pressefreiheit: Linksextremisten haben eine Kampagne gegen den Chefredakteur des Studentenmagazins der Münchner Bundeswehruniversität entfacht
Henning Hoffgaard

Die Aufregung ist groß an der Bundeswehruniversität in München. „Rechte Aktivisten“ hätten das Magazin des studentischen Konvents gekapert, heißt es unisono in zahlreichen Medienberichten. Selbst die Universitätsleitung meldet sich aufgeregt zu Wort und warnt vor einer politischen „Nähe zum Rechtsextremismus“.

Was ist passiert? Anfang des Jahres wurde Martin Böcker, Autor der vom Institut für Staatspolitik (IfS) herausgegebenen Zeitschrift Sezession und der JUNGEN FREIHEIT, einstimmig vom Studentenkonvent zum Chefredakteur des Magazins Campus gewählt. Der Oberleutnant hat dabei weder seine Autorschaft noch seine Besuche von IfS-Veranstaltungen verheimlicht. So nahm er im Mai dieses Jahres öffentlich an einer Kranzniederlegung zu Ehren des Philosophen Oswald Spengler teil. Aufmerksam beobachtet wurde er dabei von Robert Andreasch, der mit richtigem Namen Tobias-Raphael Bezler heißen soll (JF 26/11).

Der Antifa-Journalist, der auch für den Bayerischen Rundfunk (BR) arbeitet, berichtet für die linksextreme „Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München“ von einem „Aufmarsch auf dem Friedhof“, an dem auch Neonazis teilgenommen hätten. Aus Böcker macht er dabei, obwohl Fotos das Gegenteil beweisen, einen der beiden „Kranzträger“. Nachdem die erste Ausgabe von Campus erschienen ist, greifen Andreasch und sein Kollege beim BR Thies Marsen, der auch als Autor beim Antifaschistischen Infoblatt auftaucht, die Personalie wieder auf. In einem Kommentar skandalisieren sie den Vorgang und machen aus dem Oberleutnant gleich einen Oberstleutnant. Kurz danach greift auch die Süddeutsche Zeitung den vermeintlichen Skandal auf und spricht von einem „unangenehmen Verteidigungsfall“. Hauptkritikpunkt ist ein Beitrag, der sich kritisch mit der Integration von Frauen in die Bundeswehr beschäftigt. Böcker selbst kann die Aufregung nicht nachvollziehen. So stehe der kritisierte Artikel keineswegs alleine, sondern es sei ebenfalls ein Beitrag erschienen, der sich für die völlige Gleichstellung der Frau in der Bundeswehr stark macht. „Die Kameradinnen, die täglich ihren Dienst leisten, haben meine ausdrückliche Anerkennung“, sagt Böcker der JF. Daß dabei die IfS-Studie „Die Frau als Soldat“
(JF 11/11) von Erik Lehnert im Mittelpunkt stehe, liege allein daran, daß es die einzig verfügbare zu dem Thema sei.

Aufgeschreckt vom medialen Echo meldet sich schließlich die Universitätspräsidentin Merith Niehuss zu Wort. Gegenüber dem BR sagt sie kryptisch: „... und wenn es da Leute gibt, die nicht bewußt hinter oder nicht neben, also neben der Verfassung stehen, oder nicht hinter der Verfassung stehen, aber die Tendenz haben, sich von der Verfassung, von den Grundsätzen zu entfernen, dann ist das schon ein Alarmsignal“.

Mit Böcker selbst nimmt Niehuss, die einmal über ihren Beruf sagte: „Kommunikation ist das A und O“, keinen Kontakt auf. Kommuniziert wird allein über die Öffentlichkeit oder Rundmails. Darin warnt die Präsidentin vor dem Bezug der IfS-Studie und der „Neuen Rechten“ ganz allgemein. Derzeit prüfe die Hochschulleitung mögliche Konsequenzen, heißt es. Wie die aussehen können, skizziert der bayerische SPD-Landtagsabgeordnete und „Sprecher für Rechtsextremismusfragen“, Florian Ritter. Dieser forderte die Entlassung der gesamten Redaktion. Unterstützung erhält er dabei von seinem Parteifreund Paul Gratzer. Zwar sei die Pressefreiheit „ein sehr hohes Gut“, sagt dieser, dennoch könne es nicht sein, daß die Redaktion einer Studentenzeitung einfach so „unterwandert“ werde. Darum habe er sich mit der Bitte an Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) gewandt, gegen die „sexistische, frauenfeindliche und diskriminierende“ Betätigung an der Universität vorzugehen.

Der Streit an der Hochschule tobt unterdessen munter weiter. In einem offenen Brief werfen die Professoren Michael Wolffsohn und Carlo Masala der Präsidentin vor, mit ihrem „Kampf gegen Rechts“ einen „Systembruch im Rahmen der Demokratie“ begangen zu haben. Die Gewährung der Meinungsfreiheit sei ein fester Bestandteil der „wehrhaften Demokratie“.

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