© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/11 15. Juli 2011

Umwelt
Keimdepot Küche
Michael Howanietz

Eine Studie des Hygiene Council, einer Vereinigung internationaler Experten zur Hebung der Alltagshygiene, brachte Erstaunliches zu Tage. Nicht die Toiletten waren in den untersuchten Wohnungen Sammelpunkt der größten Keimzahlen, sondern Küchenwischtücher und Küchenwasserhähne. Was sauber erscheint, ist nicht zwangsläufig sauber, resümieren die Studienautoren. Unter den jeweils zehn untersuchten Stellen erwiesen sich Küchenschwamm und Wischtuch als Hauptträger von Keimen. Weniger belastet zeigten sich Kunststoffbretter, Kühlschränke und sogar Toilettenspülknopf und WC-Sitz. Die Tests auf Keim- und Keimkoloniezahl berücksichtigten aerobe Bakterien, Pseudomonas, Staphylococcus aureus (ein potentiell gefährlicher Hautkeim) sowie Coli- und Enterobakterien. Wobei die Letztgenannten die Klassiker des Fäkal-Transports sind.

Der Wiener Infektiologe Christoph Wenisch erklärte die Ergebnisse mit dem feuchten Milieu. Bei Schwämmen und Tüchern helfe aber auch Trocknen nicht. Und selbst häufiger Wechsel sei von eingeschränktem Nutzen, da die Besiedlung bei frischen Tüchern sehr rasch erfolge. Die Empfehlung der Experten lautet demnach: regelmäßiges Händewaschen auch bei der Küchenarbeit. Der Reinigung von Küchenwasserhähnen sollte vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt werden. Den Ehec-Erreger, aktueller pathogener Hauptlieferant von Patienten und Schlagzeilen, wird das alleine nicht besänftigen. Gleiches gilt für die möglichen Folgen eines von der Kronenzeitung aufgedeckten Schildbürgerstreichs der Stadt Wien: „Kaukasische, afrikanische oder asiatische Küchengehilfen könnten bald Krankheiten einschleppen!“ heißt es da. Hintergrund ist die von der zuständigen Magistratsabteilung 15 für Juli erlassene Verfügung, die routinemäßigen TBC-Untersuchungen bei Mitarbeitern gastronomischer Betriebe zu unterlassen.

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