© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/11 15. Juli 2011

Frisch gepresst

Ernst Forsthoff. Aller Aufregung über Türschild-Promotionen und Plagiate, aller gender-induzierten Verslumung der Kulturwissenschaften zum Trotz, produziert der deutsche Wissenschaftsbetrieb noch auf hohem Niveau. Manchmal ermöglicht er sogar gipfelstürmerische Leistungen wie Florian Meinels Berliner Dissertation über „Ernst Forsthoff und seine Zeit“. Die Arbeit über den „in seiner Generation bedeutendsten Vertreter des Öffentlichen Rechts in Deutschland“ gehört zu den besten Beiträgen zur Wissenschafts- und Ideengeschichte des letzten Jahrzehnts. Beginnend mit Forsthoffs Publizistik im Umfeld des nationalkonservativen Protestantismus Wilhelms Stapels, untersucht Meinel den Weg des jungen, sich schnell vom Nationalsozialismus und seinem Lehrer Carl Schmitt abwendenden Staatsrechtlers im Dritten Reich und mit kaum zu übertreffender Gründlichkeit die Nachkriegszeit im Zenit seines Ruhmes als Skeptiker im Spannungsfeld der westdeutschen Verfassungstheorie zwischen Rechts- und Sozialstaat. (wm)

Florian Meinel: Der Jurist in der industriellen Gesellschaft. Ernst Forsthoff und seine Zeit. Akademie Verlag, Berlin 2011, gebunden, 557 Seiten, 79,80 Euro

 

Stratege. Falsche Bescheidenheit liegt Ulrich Weisser nicht. Mit Behagen zitiert er aus einer dienstlichen Beurteilung, die ihn als „einen der qualifiziertesten deutschen Offiziere auf dem Feld der Militärpolitik“ lobt. Und auch die Bild-Zeitung führt er gerne an, da sie ihn offenbar ganz unironisch als „strategisches Superhirn“ pries. Ein aus der Bundesmarine hervorgegangener Clausewitz ist der Vizeadmiral deswegen noch lange nicht, aber über den Durchschnitt seiner Kameraden hat sich der humanistisch gebildete Ostfriese schon entwickelt. Als Referent unter SPD-Verteidigungsministern und unter Kanzler Schmidt eher langsam aufgestiegen, von dem Intelligenz fürchtenden Helmut Kohl zunächst ausgebootet, kehrte Weisser unter Volker Rühe 1992 als Chef des Planungsstabes zurück ins Verteidigungsministerium. Seine mit maliziösen Seitenhieben garnierten Erinnerungen vermitteln Innenansichten aus den Bonner Vorzimmern der Macht, schildern Weltbilder und Mentalitäten im Nato-Milieu von der Hochzeit des Kalten Krieges bis zum Umbau der Bundeswehr zur modernen Interventionsarmee. (ob)

Ulrich Weisser: Strategie als Berufung. Gedanken und Erinnerungen zwischen Militär und Politik. Bouvier Verlag, Bonn 2011, gebunden, 296 Seiten, Abbildungen, 24,90 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen