© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/11 15. Juli 2011

Blick in die Medien
Die Schlacht am Kiosk fällt aus
Toni Roidl

Panorama-Fossil und Ex-Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt: In Pressemitteilungen kündigte er vor wenigen Wochen ein neues Nachrichtenmagazin unter dem Arbeitstitel Die Woche an! Das Konzept dazu habe er mit renommierten Journalisten entwickelt. Mit dem „hochambitionierten und teuren“ Projekt wollte der Essener Medienkonzern WAZ zum Frontalangriff auf Spiegel und Focus blasen.

Doch nun bekamen die Pressezaren kalte Füße. In einer gemeinsamen Erklärung bedauerten WAZ und der umworbene Axel- Springer-Verlag, „von der Realisierung einer attraktiven journalistischen Idee Abstand nehmen müssen“. Grund sei das „gegenwärtige wirtschaftliche Umfeld“. Danach sprangen auch der Schweizer Ringier-Verlag und Burda ab; tz und Münchner Merkur machten ihr Portemonnaie ebenfalls wieder zu. Wir wünschen Herrn Aust trotzdem für seinen weiteren Lebensweg alles Gute.

Dabei hatte Aust noch vor kurzem in einem Interview große Töne gespuckt: „Ich glaube, man kann viel dafür tun, daß die Auflage steigt oder sinkt. Die Schlacht wird jede Woche am Kiosk neu geschlagen“, sagte Aust mit Blick auf Spiegel und Focus.

Die Schlacht wird jetzt wohl ausfallen, denn seit dem Absprung der potentiellen Geldgeber rechnet niemand mehr damit, daß Austs neues Magazin überhaupt antritt. Dabei hatte er zuletzt noch Erfolgsrezepte verteilt: „Sie müssen sehr viel mehr in die Tiefe gehen, Hintergründe ausleuchten, Zusammenhänge herstellen. Und vor allem eigene Einfälle haben!“

Trotz Austs Einstieg beim Nachrichtensender N24, wo er jetzt das Geschichtsressort leitet, scheint sich sein Rat aber noch nicht herumgesprochen zu haben. Statt Tiefe, Zusammenhängen und Einfällen gibt’s nur Friedman-Gequatsche und alte Dokumentationen. Aber N24 ist ja auch ein Nachrichtensender – und kein Nachrichtenmagazin.

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