© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/11 15. Juli 2011

„Nüchterner Blick auf die Wirklichkeit“
Marine: Streit um angebliche Verhöhnung toter Kadettin
Felix Krautkrämer

Marine-Zeitschrift verhöhnt tote ‘Gorch Fock’-Kadettin“, prangte in der vergangenen Woche auf der Internetseite der Bild. Ausgerechnet im renommierten Marineforum habe ein Autor gegen Frauen auf der „Gorch Fock“ und die Gleichberechtigung bei der Bundeswehr gewettert, hieß es. Die Vorwürfe richteten sich gegen den Geschäftsführer des Instituts für Staatspolitik (IfS), Erik Lehnert, der sich im Verbandsorgan der Marine-Offiziers-Vereinigung kritisch mit dem Einsatz von Frauen in Kampfeinheiten auseinandergesetzt hatte.

Der Beitrag ist eine Zusammenfassung der vom IfS herausgegebenen Studie „Die Frau als Soldat“ (JF 11/11), eine Verhöhnung allerdings an keiner Stelle. Im Gegenteil: Die Kadettin sei vielmehr das Opfer einer Gleichheitsideologie, die auch Einzug in die Bundeswehr gehalten habe, schreibt Lehnert. Diese negiere die physischen Unterschiede und die damit verbundenen Leistungsdifferenzen zwischen Männern und Frauen. Studien der amerikanischen Streitkräfte hätten ergeben, daß Frauen „meßbare Nachteile in bezug auf Kraft und Ausdauer, Verwundungs-/ Verletzungsgefahr und Einsatzfähigkeit“ aufwiesen. In Deutschland aber lasse man sich von solchen Ergebnissen nicht beeinflussen. Während es gemeinhin als unmenschlich gelte, „sechzehnjährige Jugendliche oder sechzigjährige Männer in den Kampf zu schicken, da diese körperlich den Anforderungen des Schlachtfelds noch nicht oder nicht mehr gewachsen sind“, werde es als fortschrittlich gepriesen, „Frauen ohne Rücksicht auf ihre offensichtlichen Nachteile im Kampf einzusetzen“, kritisierte Lehnert.

Doch mit den Fakten wollte sich kaum jemand auseinandersetzen. Statt dessen wurde im Internet auch von Welt und Spiegel der Vorwurf erhoben, der Artikel habe die Kadettin verhöhnt. Selbst Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) ließ sich offenbar blenden, als er Lehnerts Artikel gegenüber dem Hamburger Abendblatt „widerwärtig“ nannte und in eine Reihe mit linken Verunglimpfungen gefallener Soldaten stellte.

Für Reserveoffizier Lehnert ein Schlag ins Gesicht: Er sei „entsetzt“ über diese Wortwahl, schrieb er an de Maizière. „Ich habe immer wieder meine Freizeit, über die ich als fünffacher Familienvater (unter anderem von drei Töchtern) nur sehr knapp verfüge, geopfert, um meinem Land zu dienen.“ Als Bürger, Offizier und Wissenschaftler sehe er es als seine Pflicht, auf Mißstände hinzuweisen. Er bitte de Maizière daher dringend, seine Aussage zu korrigieren, da diese ihn in die Nähe linksextremistischer Verächter von Staat und Bundeswehr rückte. Im Gegensatz zu diesen wolle er staatliche Institutionen aber nicht schwächen, sondern durch „den nüchternen Blick auf die Wirklichkeit widerstandsfähig machen“.

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