© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/11 08. Juli 2011

Postmarxismus trotz Krise des Kapitalismus
Keine revolutionäre Situation in Sicht
(ob)

Die seit dem Untergang seines planwirtschaftlichen Widerlagers von sozialistischen Veteranen unverdrossen prophezeite „Krise des Kapitalismus“ ist seit 2008 als „Finanz-, Schulden- und Eurokrise“ (Jürgen Habermas) Realität. Politisch kann die postkommunistische Linke aber davon weder in Deutschland noch im übrigen Europa profitieren. Unter ihren Vordenkern breitet sich daher Ratlosigkeit aus. „Kapitalismus aufbrechen – aber wie?“ ist die Gretchenfrage, die nicht nur der emeritierte Frankfurter Politologe Joachim Hirsch stellt (Das Argument, 291-2011). Mit den wieder modischen romantischen Ideen von der „großen Verweigerung“, der „Subversion mittels systemwidrigen Verhaltens“ und dem antiglobalistischen Geraune vom „kommenden Aufstand“, wie sie der prominente Kapitalismuskritiker John Holloway (Universität Puebla/Mexiko) propagiert, ist für Hirsch eine Überwindung der „herrschenden warenförmigen Vergesellschaftungsweise“ kaum zu organisieren. Der Übergang zur „nachhaltigeren Gesellschaft“ verzögere sich daher, zumal, wie Wolfgang F. Haug mit Karl Marx glaubt, „die Bourgeoisie“ noch über ausreichend Potential verfüge, um jede Krise durch eine „gewaltigere Krise zu überwinden“. Lenins „revolutionäre Situation“, in der „die oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen“, sei also noch außer Sichtweite.  www.argument.de

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