© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/11 08. Juli 2011

Eine unendliche Pleitegeschichte
Landesbanken: Auf Druck von Finanzminister Schäuble stimmt der NRW-Landtag für eine Zerschlagung der WestLB / Steuerzahler müssen die Zeche bezahlen
Marco Meng

Unter milliardenschwerer Beteiligung der Steuerzahler wird die WestLB, zeitweise das viertgrößte Geldinstitut Deutschlands, zerschlagen. Nach dem Parteiengeschacher im Landesparlament von Nordrhein-Westfalen unterstützt der Landtag nun doch den umstrittenen Umbauplan für die WestLB (JF 9/11).

Zunächst hatte die rot-grüne Landesregierung vorigen Donnerstag überraschend eine Abstimmung darüber verloren, weil man sich nicht an eine Absprache mit der CDU gehalten hatte. Doch nicht zuletzt auf Druck aus Berlin stimmte man schließlich zu: sonst hätte die EU-Kommission milliardenschwere Beihilfen, die man der Bank gewährt hatte, zurückfordern können.

Die EU-Kommission hatte den Umbau der WestLB gefordert. Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia hatte schon im Februar dieses Jahres angekündigt, noch vor der Sommerpause über die WestLB, die HSH Nordbank, die BayernLB sowie über die Hypo Real Estate zu entscheiden. Die drei Landesbanken und die HRE waren wegen der massiven Staatshilfen zu Fällen für die Wettbewerbshüter der EU geworden.

Die überwiegende Last des Umbaus der WestLB muß nun ebenfalls der Steuerzahler finanzieren. Zwischen 2002 und 2010 mußte das Institut durch Kapital und Garantien in Höhe von gut 19 Milliarden Euro gestützt werden. Mindestens 21 Milliarden Euro werden es, wenn die jüngst vereinbarten Hilfen durch Land und Sparkassen addiert werden. Die zwischen Bund, Land und Sparkassen ausgehandelte „Umstrukturierung“ sieht vor, daß sich Nordrhein-Westfalen mit 1,7 Milliarden Euro beteiligt, die Sparkassen mit 1,5 Milliarden und der Bund mit drei Milliarden. Geplant ist, aus der WestLB eine kleine Verbundbank für die hundert NRW-Sparkassen herauszulösen, die der deutschen Sparkassen-Organisation gehören wird. Das Land wiederum übernimmt, sozusagen als „RestLB“, eine Bad-Bank mit etwa tausend Mitarbeitern. Weitere Teile sollen verkauft werden, so beispielsweise die Immobilientochter Westimmo oder das Auslandsgeschäft. Als Kaufinteressenten gelten unter anderem HSBC Trinkaus sowie die Finanzinvestoren Apollo und Lone Star.

FDP-Fraktionschef Gerhard Papke machte Rot-Grün den Vorwurf, die Landesregierung habe sich in den Verhandlungen von den Sparkassen „über den Tisch“ ziehen lassen. Denn nun müsse das Land für Pensionen in Milliardenhöhe geradestehen. Tatsächlich erhalten die Sparkassenverbände die Filetstücke, und um den Rest darf sich der Steuerzahler kümmern. Die Mehrheitseigner der Bank übernehmen nämlich lediglich 400 von 4.400 Arbeitsplätzen, für die letztlich das Land, also die Steuerzahler, haften muß. Der Bund unterstützt den Umbau, indem er zwei Milliarden seiner stillen Einlage von drei Milliarden Euro in der WestLB beläßt. Der staatliche Bankenrettungsfonds Soffin ist bereits mit drei Milliarden Euro bei der WestLB engagiert.

Da eine Insolvenz die Sparkassen Geld gekostet hätte und man ja bei allen Bankenpleiten den Vertrauensverlust fürchtet, gab man also einer Abwicklung auf Raten den Vorzug. Angesichts der Kostendimension und der nach wie vor ungeklärten Zukunft der restlichen Landesbanken stellt sich die Frage, welche Rolle Landesbanken überhaupt wahrnehmen. Politiker und „Top-Manager“ in den Vorständen und Verwaltungsräten dieser Landesbanken haben jedenfalls hoch gepokert – und das Geld der Steuerzahler jahrelang verbrannt.

Kommt irgendwann eine juristische Aufarbeitung? Welches Geschäftsmodell die Landesbanken verfolgen sollen, steht in den Sternen. Zu lange orientieren sich die Landesbanken in ihren Geschäftsstrategien an den großen Privatbanken. Doch „Investmentbanking“ dürfte schwerlich im öffentlichen Interesse sein, wie der Fall WestLB wieder deutlich zeigt.

Um zu verhindern, daß eine Bank „systemrelevant“ ist, müßten übrigens fast alle, nicht nur die „öffentlich-rechtlichen“ aufgeteilt werden. Statt dessen wurden durch Übernahmen in und nach der Finanzkrise beispielsweise die Deutsche Bank und die Commerzbank noch um einiges größer als sie davor waren.

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