© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/11 08. Juli 2011

Udo Hansen. Berlins kommender Polizeipräsident erregt den Unmut der Linken
Der Profi
Ronald Berthold

Wann ist jemand der Richtige für das Amt des Polizeipräsidenten in der deutschen Hauptstadt? Vielleicht dann, wenn es über ihn heißt, er sei „nicht mit dem Leitbild einer modernen und bürgernahen Großstadtpolizei vereinbar“. Udo Hansen wird voraussichtlich oberster Berliner Polizist. Die vernichtenden Worte über ihn stammen vom Berliner Linke-Fraktionschef  Udo Wolf.

Erstaunlich, mag mancher denken. Berlin wird seit zehn Jahren von Rot-Rot regiert. Wie kommt dann ein auch von den Grünen als „Hardliner“ geschmähter Mann auf den Sessel des Polizeipräsidenten? Die Personalie ist wohl nur mit einem schon lange andauernden inneren Rechtsruck des Innensenators Ehrhart Körting zu erklären.

Im Alter gewinnt der 69jährige zunehmend den Blick für die Realitäten und will Berlin einen Law-and-Order-Mann an der Polizeispitze hinterlassen. Zu sehr droht die Stadt in die Hände von Linksradikalen zu fallen. Brennende Autos und Häuser, tätliche Angriffe auf vermeintliche Rechtsextremisten – um dem Mob Herr zu werden, braucht es eine harte Hand.

Der 58jährige erfüllt diese Bedingung. Als Leiter des Grenzschutzpräsidiums Ost hatte er  Abschiebungen zu verantworten – und setzte diese mit angemessener Härte durch. Auch verbal zeigte er wenig Mitleid: „Mit erstaunlicher schauspielerischer Begabung wird da ein Striptease aufgeführt mit dem Ziel, hierzubleiben“, sagte Hansen seinerzeit über abgelehnte Asylbewerber und deren Unterstützer. Die erkoren ihn zum Feindbild. Bis heute werfen sie ihm die „Ermordung“ eines Ausländers vor, der 1999 auf dem Flug in sein Heimatland gestorben war. Unvergessen in der Szene bleibt auch, daß er die Abschiebehaft mit Stacheldraht einzäunte, um Fluchtversuche zu verhindern.

Mit dieser Vita hatte Hansen bei Körting die besten Karten. Alle anderen Parteien sprachen sich gegen den Ex-GSG-9-Mann aus – auch die windelweiche CDU. Im Senat ließ es Körting auf eine Kampfabstimmung ankommen. Gegen das Votum der Linke-Senatoren setzte er sich durch. Die sorgen sich nun, ob Hansen die „von seinem Vorgänger eingeführte Deeskalationsstrategie fortsetzen“ werde.

Viele Beamte dagegen hoffen, für ihr Durchgreifen wieder Rückendeckung zu erhalten. Vorgänger Dieter Glietsch (JF 49/08) hatte mit Disziplinarverfahren nicht gegeizt, wenn Ausländer behaupteten, zu hart angefaßt worden zu sein. Hansen dagegen ist ein Praktiker und weiß, wie es auf der Straße zugeht. 2008 ging er in vorzeitigen Ruhestand. Warum er nun zurückgeholt wird, konnte Körting nicht plausibel erklären. Ebenso unbeantwortet ist, was Hansen zwischenzeitlich in Saudi-Arabien trieb. Dort soll er als Berater tätig gewesen sein.

Es bleiben also Fragen, aber auch die Hoffnung, daß das Amt nun wieder berufsbezogener und weniger politisch (korrekt) ausgeübt wird.

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